Die österreichische Politik verstärkt wieder die Drohungen bezüglich einer Schließung der Brenner-Grenze. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) kündigte gegenüber mehreren Medien an, 750 Soldaten in Bereitschaft zu versetzen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wiederum stellte in Richtung EU klar, dass man im Bedarfsfall den Brenner "schützen" werde.
Die Situation in Italien hat sich zuletzt zugespitzt. In diesem Jahr sind bereits mehr als 100.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa geflohen. 85 Prozent davon wurden in Italien aufgenommen. Zuletzt war der Zustrom sogar noch gestiegen, weshalb Italien auf Hilfe durch die EU drängt.
Signal an Brüssel und Rom
Aus Österreich kommen derzeit aber gegenteilige Signale. Doskozil hat neben den 860 Soldaten, die in anderen Bundesländern im Assistenzeinsatz sind, nun auch für Tirols Grenzen 750 Personen auf die Beine gestellt. Sie könnten innerhalb von 72 Stunden ihren Dienst aufnehmen. Den Beginn von Kontrollen erwartet er "sehr zeitnah". Die Bevölkerung wolle, dass man entsprechende Maßnahmen ergreife, argumentierte der Verteidigungsminister.
Nicht minder scharf äußerte sich Außenminister Kurz, der zur APA meinte, es sei ehrlich, jetzt Italien und der EU ganz klar zu sagen: "Wir bereiten uns vor und wir werden unsere Brenner-Grenze schützen, wenn es notwendig ist." Daher befürwortet er auch die Vorbereitung zu Grenz-Kontrollen. Notwendig sei aber vor allem eine Schließung der Mittelmeer-Route.
Obwohl der Brenner sowohl historisch als auch wirtschaftlich als heikle Grenze gilt, steht auch Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hinter den Plänen der zuständigen Ministerien. Es benötige "eindeutige Signale in Richtung Italien und der Flüchtlinge, dass es am Brenner kein Durchkommen gibt", so Tirols Landeschef: "Wenn es die Lage erfordert, lege ich Wert darauf, dass nicht Rücksicht auf die Bestimmungen der Europäischen Union genommen wird, sondern im Eigeninteresse des Landes Tirol kein Durchkommen für illegale Migranten am Brenner besteht".
Ginge es nach FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, sollte man ohnehin nicht weiter zuwarten sondern sofort mit den Kontrollen beginnen. Abgelehnt werden diese vorerst nur von den Grünen.
EU-Sanktionen gegen Österreich
In Rom reagiert man auf die österreichischen Ankündigungen eher verschnupft. Die regierende Demokratische Partei rief nach EU-Sanktionen gegen Österreich, und das italienische Außenministerium hat den österreichischen Botschafter in Rom, René Pollitzer, zu einem Gespräch gebeten. Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher sieht die Drohung mit Grenzkontrollen dem Wahlkampf-Klima in Österreich geschuldet.
Tatsächlich dürfte die Lage zumindest noch zu bewältigen sein. Wie der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperei und des Menschenhandels im Innenministerium, Gerald Tatzgern gegenüber Ö1 versicherte, gebe es noch keine verstärkten Aufgriffe in Tirol oder in Kärnten über Italien. Dies könnte sich aber innerhalb von Tagen oder Wochen ändern. Als Zielstaaten der vor allem aus Afrika stammenden Flüchtlinge nannte er Deutschland, Schweden und Norwegen sowie für jene aus französisch-sprachigen Ländern Frankreich und Teile der Schweiz.
Am Donnerstag findet in Rom ein Gipfeltreffen zu Migrationsthemen statt, an dem sich mehrere von der Flüchtlingsproblematik betroffene Länder beteiligen. Österreich ist durch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) vertreten.