Wer als Rekrut zum Bundesheer einrückt, der hat zumindest einmal mit der Militärstreife zu tun. Gehört doch das Abschnüffelns des Spinds und der persönlichen Gegenstände jedes Einrückenden durch einen Drogenspürhund quasi zum "Aufnahmeritual". Doch das Kommando Militärstreife & Militärpolizei, wie der Spezialverband des Bundesheeres offiziell heißt, hat noch viel mehr Aufgaben - und es bekommt vor dem Hintergrund von Terrorbedrohung und Migration eine imme größere Bedeutung.
"Wir sind keine Polizisten, wir sind Soldaten mit polizeilichen Aufgaben", stellt Oberst des Generalstabsdienstes Andreas Loschek klar. Er ist seit Mai neuer Chef des Kommandos Militärstreife und Militärpolizei mit Sitz in der Wiener Maria Theresien Kaserne. Die Anforderungen seien im Vergleich zur Exekutive sogar höher, "weil unsere Leute polizeiliche Aufgaben auch im Auslandseinsatz wahrnehmen müssen. Und dort gibt es keine Wega und keine Cobra, die man rufen kann, wenn es einmal brenzlig wird."
Im Video: Militärpolizisten demonstrieren ihre Ausrüstung und ihr Können.
Das Aufgabenspektrum der Militärpolizisten reicht vom Lotsen und Beschützen von militärischen Konvois, über Personenschutz, dem Schutz militärischer Objekte und Rechtsgüter samt dem Aufspüren von Sicherheitslücken, dem Streifen-, Verkehrs- und Ordnungsdienst bis hin zu kriminalpolizeilichen Ermittlungen. Wie ihre Kollegen in den Landeskriminalämtern der Polizei rücken die Soldaten dann mit dem Tatortkoffer aus, sichern Spuren, vernehmen Beteiligte und Zeugen. Und zwar immer dann, wenn sich die Straftat innerhalb des Militärs zugetragen hat. Die weitere strafrechtliche Verfolgung obliegt dann jedoch der Staatsanwaltschaft und der Exekutive. Auch werden die Diensthunde der Militärpolizei von der Justiz regelmäßig angefordert, um die Gefängnisse nach Drogen und verbotenen Gegenständen abzusuchen. "Wenn normale Durchsuchungen nichts gebracht haben, holen sie uns. Wir finden dann meistens noch etwas", erzählt ein Hundeführer.
Der Spezialverband, der organisatorisch dem "Kommando Schnelle Einsätze" zugeordnet ist, soll in den nächsten fünf bis sechs Jahren gewaltig aufwachsen. Rund 200 Leute zusätzlich lautet der Plan des Verteidigungsministers. Neue Kompanien entstehen in Klagenfurt und St. Pölten. Die Migrationswelle und die steigende Terrorgefahr in Europa sind ein Grund für die Offensive, bestätigt Kommandant Loschek. "Wir haben ja in Paris, London und Brüssel gesehen, dass kurz nach den Anschlägen das Militär aufmarschiert ist und zur Unterstützung der Exekutive Aufgaben übernommen hat. Und meines Wissens ist der Selbstmordattentäter am Brüsseler Bahnhof von einem Soldaten erschossen worden", gibt der Oberst zu bedenken.
Bewährt haben sich die Einheiten mit dem markanten "MP" auf der Uniform auch während der Flüchtlingskrise 2015. Zum Höhepunkt der Krise wurden Militärpolizisten aus ganz Österreich in Nickelsdorf und Spielfeld zusammengezogen um die Kräfte vor Ort zu unterstützen. "Wir waren auch im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz zur Unterstützung der Exekutive an den Grenzübergängen eingesetzt", berichtet Loschek. In diesem Fall hatten die Soldaten sogar die Befugnisse normaler Polizisten, was durch eine Behördenweisung räumlich und zeitlich begrenzt möglich ist.
Nicht zuletzt durch die aktuelle Personaloffensive beim Bundesheer und die Aussicht auf eine lebenslange Beschäftigung bewerben sich viele für den Job bei der Militärpolizei und Militärstreife. "Es ist sexy, bei uns Dienst zu machen", weiß deren Chef. Allerdings scheitert ein Großteil der Interessenten an den harten Anforderungen. Wer einmal das einwöchige Auswahlverfahren in der Maria Theresien Kaserne in Wien-Hietzing gemeistert hat, ist noch lange nicht durch. Zwei Drittel der Aspiranten steigen noch während des ersten Sechs-Monate-Kurses aus. "Der ist kein Zuckerschlecken. Wir wählen unsere Leute sehr sorgfältig aus", betont Loschek, der neben körperlichen Defiziten auch Mängel in der Rechtschreibung bei etlichen Bewerbern ortet. Generell seien aber viele junge Menschen heute "nicht bereit große Entbehrungen auf sich zu nehmen".
Vom Einrücken bis zum Wachtmeister der Militärstreife sind es 18 fordernde Monate. Aber auch als Berufs- oder Milizoffizier kann man in dem Spezialverband Karriere machen.