Ob Vizekanzler Wolfgang Brandstetter für die ÖVP (der er nicht angehört und weiterhin nicht beitreten will) bei der Nationalratswahl kandidiert oder in der nächsten Regierung wieder Justizminister sein möchte, habe er noch nicht überlegt. Auch über die Koalitionsfrage - ob er Minister in einem schwarz-blauen Kabinett sein möchte etwa - war ihm nichts zu entlocken. Was er sagte: „Es gibt ein Leben nach der Politik. Und im Normalfall ist es ein schöneres."

Ohnehin habe er viel zu wenig Zeit für sein Familienleben und seine Hobbys, sagte Brandstetter. Er habe ein Faible für Oldtimer, darunter sei ein alter VW Käfer. Ohnehin denke er sich oft: „Wenn nur alles im Leben so gut funktionieren würde wie mein Käfer. Ist aber nicht so.“

Regierungsprogramm

Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) sieht gute Chancen für den Beschluss der Bildungsreform vor der Wahl. Ziemlich "skeptisch" ist er was die Abschaffung der Kalten Progression betrifft - und für die Mietrechtsform "sieht es ganz schlecht aus", sagte er Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Aktuell keinen Handlungsbedarf sieht der Justizminister in Sachen Homo-Ehe.

Brandstetter ist zwar in die Verhandlungen über die Bildungsreform nicht eingebunden. Aber nach Informationen beider Koalitionsverhandler "sieht es aus als würde man mit den Grünen eine Lösung finden". Die Regierungsparteien seien sich einig, versicherte der Vizekanzler mehrfach, jetzt liege es nur an den (für die Zwei-Drittel-Mehrheit nötigen) Grünen, "sich einen Ruck zu geben".

Skepsis

"Derzeit eher skeptisch" ist Brandstetter, was die Abschaffung der Kalten Progression betrifft: Da sei man knapp vor der Einigung gestanden, zu der es aber letztlich nicht kam. Es sei aber nicht auszuschließen, dass diese Maßnahme noch im September beschlossen wird. Sehr bemühen will er sich um die Studienplatzfinanzierung, hier sollte man keine Zeit verlieren. Die Mietrechtsreform "wird sich in dieser Legislaturperiode nach menschlichem Ermessen nicht mehr ausgehen".

Theoretisch noch im September beschlossen werden könnte die Reform des Maßnahmenvollzugs. Als zuständiger Justizminister will Brandstetter dafür vor dem Sommer einen - überarbeiteten - Entwurf vorlegen. Dieser könnte über den Sommer sechs Wochen lang begutachtet und vor der Wahl fixiert werden, "ob sich's ausgeht liegt beim Koalitionspartner."

Sicherheitspaket

"Weiterhin dahinter" ist Brandstetter beim Sicherheitspaket - also seiner StPO-Novelle (zur Überwachung der Internet-Telefonie) und der Sicherheitspolizeigesetznovelle des Innenministers (erweiterte Videoüberwachung). Er appellierte einmal mehr an die SPÖ, keine Zeit zu verlieren. Die Maßnahmen seien nötig zur Bekämpfung von Schwerstkriminalität und Terrorismus, sein Entwurf "wirklich sehr moderat" und rechtsstaatlich gut abgesichert. Die SPÖ fordert wegen Datenschutzbedenken eine sechswöchige Begutachtung, die ÖVP hält eine Ausschussbegutachtung für ausreichend.

Keine Chance auf Realisierung hat der Entwurf zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, den Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) Brandstetter und ÖVP-Chef Sebastian Kurz zukommen ließ. Er halte es derzeit "nicht für sinnvoll mich mit dieser Thematik zu beschäftigen", erklärte der Justizminister. Alle Diskriminierungen homosexueller Partnerschaften seien abgeschafft worden - und die Frage der Öffnung der Ehe liege beim Verfassungsgerichtshof. Deshalb werde er jetzt "keine leeren Kilometer" absolvieren, zumal dafür legistisch ein großer Aufwand nötig wäre.

Solchen gelte es zu vermeiden - habe er doch ohnehin "größte Mühe", das Regierungsprogramm (in dem die Ehe für Homosexuelle nicht steht) umzusetzen. Dafür sei er nach dem Rücktritt Reinhold Mitterlehners Vizekanzler geworden - und habe auch schon einige Erfolg verbuchen können. Diese an sich für ihn reizvolle Aufgabe bedeute "viel undankbare Arbeit hinter den Kulissen", sei manchmal "mühsam und zäh", "aber wert, es wenigstens zu versuchen". Er sieht in beiden Parteien den "ehrlichen Willen, gemeinsame Projekte noch zu realisieren", wenngleich das Koalitionsklima unter Konfrontationen und Wahlkampftönen leidet. Von Kurz "instrumentalisiert" - wie manche Kritiker anmerken - fühlt sich Brandstetter nicht.