Sebastian Kurz schlug kürzlich eine fünfjährige Wartefrist auf Sozialleistungen für EU-Ausländer vor. Daran gab es viel Kritik - wie sehen Sie den Vorschlag?

Reinhold Lopatka: Die Idee ist dennoch richtig. Denn: Wir haben einen dramatischen Anstieg an arbeitslosen EU-Ausländern, momentan sind es rund 50.000. Diese Zahl ist in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. Allein in Wien 17.000 EU-Zuwanderer, die Mindestsicherung kassieren. Dem ist ein Riegel vorzuschieben, genau wie bei der Familienbeihilfe im Ausland. Und die EU war ja schon auf dem richtigen Weg, als es um die Verhinderung des Brexit ging.

Sozialleistungen ab dem ersten Tag gibt es für EU-Ausländer ja gar nicht.

Lopatka: Aber ab dem ersten Tag, an dem jemand seine Arbeit hier verliert. Zudem bekommen auch EU-Ausländer, die nur geringfügig arbeiten und durch Mindestsicherung "aufstocken" ja sofort Sozialleistungen. Wenn es um Sozialleistungen geht, darf die EU Länder wie Österreich nicht knebeln. Da muss es die Möglichkeit geben, national vorzugehen. Ich will, dass man dort ansetzt, was man den Briten vor dem Austritt angeboten hat.

Sollte die EU-Kommission dies nicht anbieten: Würden Sie einen Alleingang Österreichs in dieser Frage anstreben?

Lopatka: Wir müssen natürlich handeln, wo es Möglichkeiten der Einschränkung gibt.

Sozialminister Alois Stöger und SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder übten scharfe Kritik am Kurz-Vorschlag. Was entgegnen Sie denen?

Lopatka: Stöger und Schieder verschließen die Augen. Das hat Stöger ja auch bei der Mindestsicherung gemacht und die österreichweit einheitliche Mindestsicherung verspielt. Es gibt aber auch SPÖ-Politiker wie den burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl, die das richtig sehen.

Ist die ÖVP noch die Europapartei, als die sie sich immer gerne bezeichnet hat?

Lopatka: Absolut. Aber wir sind eben für das Subsidiaritätsprinzip. Große Fragen sollen auf EU-Ebene gelöst werden, bei anderen Punkten soll es nationalstaatliche Lösungen geben. Wir sind keine Vereinigten Staaten von Europa, das muss allen klar sein.

Sind Vorschläge wie jener von Kurz Angebote an de FPÖ für eine künftige schwarzblaue Koalition?

Lopatka: Bei der FPÖ bin ich mir nie sicher, die sind in Sachen EU sehr widersprüchlich. Wir selbst haben jedenfalls die Stärke, uns zu positionieren. Dadurch erfolgt automatisch eine Abgrenzung zu anderen Parteien.

Würde Ihnen Schwarzblau gefallen, Herr Lopatka?

Lopatka: Die Frage stellt sich nicht. Wenn sie sich irgendwann stellt, werde ich sie Ihnen irgendwann beantworten.

Herr Lopatka, wann wählen wir denn? Ihr Parteikollege Wilfried Haslauer forderte kürzlich Neuwahlen im Herbst 2017.

Lopatka: Wieso sollte die Regierung vorzeitig mit der Arbeit aufhören? Auch einen Wahltermin im Frühjahr 2018 halte ich für unangebracht. Die EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 ist alleine kein Grund, die Wahl vorzuverlegen. Die Belastungen für nationalstaatliche Regierungen sind in der Ratspräsidentschaft ungleich geringer als früher. Es wird schwierig sein, aber es ist machbar.