Die Regierung hat am Dienstag das geplante Verbot von Wahlkampfauftritten ausländischer Politiker auf den Weg gebracht. SPÖ und ÖVP einigten sich nach wochenlangem Ringen auf einen Kompromiss beim Versammlungsrecht. Künftig wird es der Regierung möglich sein, Auftritte ausländischer Politiker und Demonstrationen unter bestimmten Bedingungen zu untersagen.
Auftritte von türkischen AKP-Politikern
Das Verbot zielt vor allem auf Auftritte von türkischen AKP-Politikern ab, die derzeit in Europa um ein Ja der Auslands-Türken beim türkischen Referendum am 16. April werben, bei dem über die Einführung eines Präsidialsystems abgestimmt wird. Zuletzt waren in Österreich mehrere Veranstaltungen untersagt worden - zuständig dafür war aber bisher stets die Bezirksebene - und es mussten Gründe wie etwa Sicherheitsbedenken herhalten.
Mit der geplanten Änderung soll es der Regierung nun selbst möglich sein, Veranstaltungen unter bestimmten Bedingungen zu untersagen. Betroffen sind Aktivitäten, die den "außenpolitischen Interessen, anerkannten internationalen Rechtsgrundsätzen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen zuwiderlaufen", wie es Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) nach der Einigung im Gespräch mit der APA formulierte.
Neue Schutzzonen
Ebenfalls fix sind neue Schutzzonen: Der Abstand zwischen gegeneinander gerichteten Kundgebungen kann (nach Ermessen der Polizei) bis zu 150 Meter betragen. Auch auf eine auf 48 Stunden verlängerte Anmeldefrist für Demonstrationen hat sich die Koalition verständigt, wobei Spontan-Demos weiterhin erlaubt sind, wie die SPÖ betonte. In Kraft treten sollen die Pläne bereits im März, wie auch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) erklärte.
Zumindest vorerst nicht durchsetzen konnte sich der Innenminister mit seinen Wünschen nach härteren Strafen für Versammlungsleiter bei schuldhaftem Verhalten sowie seinen Plänen, Demonstrationen auf bestimmte Orte einzuschränken oder "Spaßdemos" zu untersagen. Diese Punkte "sind nicht Gegenstand der Einigung", betonte Drozda ausdrücklich. Sobotka will sich aber noch nicht geschlagen geben: Diese Themen sollen nach Ostern in einer Enquete behandelt werden - und noch vor dem Sommer im Parlament beschlossen werden, sagte der Innenminister am Dienstagnachmittag. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) betonte, dass die Enquete zur Reform des Versammlungsrechts nicht vom Parlament, sondern von den zuständigen Ministerin ausgehen wird.
Minimal-Kompromiss
Dass es sich bei der Regierungs-Einigung nur um einen Minimal-Kompromiss handelt, demonstrierte auch der Rahmen der Bekanntgabe: Sobotka trat nach dem Gespräch mit Drozda am frühen Nachmittag alleine vor die Presse, Drozda verkündete das Ergebnis abseits der Kameras. Fix ist, dass die bereits ausverhandelten Punkte bereits kommende Woche als rot-schwarzer Initiativantrag im Nationalrat eingebracht werden. Danach soll das Paket umgehend beschlossen werden.
Kritik an dieser Vorgangsweise äußerte der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser: "Auch wenn die heute von Innenminister Sobotka angekündigte Teileinigung zum Versammlungsrecht mit der SPÖ inhaltlich nur vage ist, halten wir Grüne es für nicht akzeptabel, dass derartig heikle Fragen wie das Versammlungsrecht ohne Begutachtung im Parlament beschlossen werden sollen", sagte Steinhauser in einer Aussendung. Es sei völlig unüblich, dass die Regierung Änderungen mit einem Initiativantrag und nicht mit einem Gesetzesentwurf aus dem Ministerium vornimmt. "Damit soll offenbar eine ordentliche Begutachtung umgangen werden. Das lehnen wir ab", so der Grüne Abgeordnete. Ähnlich die Bedenken der NEOS. Verfassungssprecher Nikolaus Scherak forderte angesichts des "sensiblen grundrechtlichen Themas" eine "umfassende parlamentarische Debatte" ein.