In die Verhandlungen zum neuen Versammlungsrecht ist im Laufe des Dienstags nach dem Ministerrat und am Rande des Nationalratsplenums etwas Bewegung gekommen. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) beharrt jedoch auf seinen Vorschlägen für eine 72-Stundenfrist für die Anmeldung einer Demo und die Schutzzonen. Minister Thomas Drozda (SPÖ) will aktuell nur eine kleine Änderung und danach eine Enquete.

Novelle "äußerst notwendig"

In einer Aussendung am Dienstagnachmittag zeigte sich Sobotka zunächst darüber erfreut, dass der Koalitionspartner SPÖ ebenfalls gegen Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in Österreich ist. Die Novelle des Versammlungsgesetzes sei aufgrund der heutigen politischen Situation "äußerst notwendig", betonte er und verwies auf die Auseinandersetzung zwischen Türken und Kurden im Vorjahr. Dies habe gezeigt, dass eine rechtzeitige Anmeldung - die 72 Stunden vor Beginn - und die Einrichtung von Schutzzonen "absolut erforderlich" sind. "Den reinen Wahlkampfauftritt zu verbieten ist wichtig, aber unzureichend", bekräftigte der Ressortchef.

Abermals betonte Sobotka, dass die Neuerungen "definitiv keine Einschränkung des Grundrechts der Demonstrationsfreiheit" bringen würden. Beide Vorschläge sollen hingegen zur Deeskalation bei Demos beitragen. Laut Angaben seines Büros sollen drei Punkte - Anmeldefrist, Schutzzone und das Auftrittsverbot für ausländische Politiker - mittels Initiativantrag eingebracht werden, der Rest gehe in Begutachtung und könne da noch diskutiert werden: darunter die Haftung der Demonstrationsleiter und die Möglichkeit für das Ministerium, Kundgebungen an bestimmten Orten insgesamt 876 Stunden pro Jahr zu untersagen.

Über Initiativanträge war am Rande des Plenums am Dienstag gesprochen worden, eine gemeinsame Textierung war aber nicht rechtzeitig zustande gekommen. Sobotkas Sprecherin räumte ein, dass es sich nun vor dem türkischen Referendum nicht mehr ausgehen dürfte, es gehe aber auch um die Zukunft.

Ausdehnung der Anmeldefrist?

Kanzleramtsminister Drozda zeigte sich Dienstagnachmittag jedoch sehr zurückhaltend. Gegenüber der APA verwies er auf seinen Vorschlag an Sobotka und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), in der heutigen Sondersitzung des Nationalrats einen Initiativantrag einzubringen: Er pocht weiterhin darauf, dass lediglich Paragraf 6 im Versammlungsrecht geändert werden müsste, um die Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in Österreich zu verbieten.

Dabei wäre für Drozda auch eine Ausdehnung der Anmeldefrist von derzeit 24 Stunden auf bis zu 128, oder eben 72, vorstellbar. "Aber nur in diesem speziellen Fall", betonte der Minister. Eine Anmeldefrist von 72 Stunden für alle Demonstrationen hält Drozda nicht für notwendig. "Es muss auch möglich sein, kurzfristig zu demonstrieren."

Drozda schlägt vor, alle anderen Themen, etwa die Schutzzonen, in einer Enquete noch vor dem Sommer mit Experten und allen Parteien zu beraten. Der Kanzleramtsminister ist weiterhin der Ansicht, Sobotkas Vorschläge würden der Menschenrechtskonvention widersprechen.

Für Freitag ist zu dem Thema ein Termin mit Drozda, Sobotka und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) angesetzt.