Glatt rasiert, zurückgelegtes Haar, rahmenlose Brille, Anzug und Krawatte: Roland Düringer hat T-Shirt, Bart und darin befindliche Glaskugerln abgelegt, um sich als Reinkarnation des slicken, Worthülsen speienden Politiker neu zu erfinden. Der Kabarettist wird ab Herbst "Der Kanzler" sein. So heißt sein neues Programm. Einen ersten Eindruck, was die Fans erwarten könnte, bot er am Montagabend.

Er habe sich in den vergangenen Jahren "etwas gehen lassen" und sei dabei "optisch verwahrlost", erklärte Düringer dem zur Präsentation seines Buchs "Meine Stimme gilt! ... und deine?" erschienenen Publikum in einer Wiener Buchhandlung. Das sei aber nur eine Maske gewesen, nun wolle er als Parteichef die "großen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen", angehen: Bankenkrise, EU-Zerfall, Erderwärmung und "ein authentischer US-Präsident".

Denn es brauche "eine neue Politik", die mutig und optimistisch sei und "das Gemeinsame vor das Trennende stelle" - politische Konkurrenz ausgenommen. "Um das Bestehende zu bewahren, wird es Veränderung brauchen", hört man Düringer im staatstragenden Duktus reformenfordernde Phrasen dreschen, wie man sie - mehr oder weniger - von Vertretern der heimischen Spitzenpolitik im Ohr hat.

Kandidatur als Kunstprojekt

Zehn Minuten dauert die "dreistündige Rede" als Vorgeschmack auf Düringers neue "Kanzler"-Rolle. Sie passt zum kürzlich gestarteten "Kunstprojekt": Der Kabarettist - bisher bekannt u.a. als Benzinbruder, MA-2412-Beamter Breitfuß und zuletzt als eine Art Seminarleiter für Weltbetrachtung - will bei der Nationalratswahl mit der Liste "Ab jetzt G!LTs" antreten, ohne Programm, ohne Inhalt, ohne Parteistruktur.

Er selbst wolle ja gar nicht ins Parlament, erklärte er - wie schon vor einigen Tagen im APA-Interview - noch einmal. Vielmehr gehe es darum, die Mechanismen des politischen Tagesgeschäfts bzw. des Wahlkampfs bloßzulegen und zugleich bisherigen Nicht- oder Ungültig-Wählern die Möglichkeit zu geben, eine gültige Stimme zu abzugeben, in der Wahlzelle eine Botschaft zu hinterlassen, die da in etwa lautet: "Geht's sch***en."

Wahlwerbung a la Düringer: Kabarettist stellte neues Buch in Wien vor

Das Buch selbst - Düringer las zwei Auszüge daraus - beschreibt gewissermaßen die Genese der Projektidee und versteht sich wohl auch als Lektion in politischer Bildung für Politikverdrossene. Also vielleicht doch eine Art Parteiprogramm, wobei eigentlich ein Antipartei-Parteiprogramm. Oder so.