Die Bundesregierung hat am Samstag ihre Gespräche zur Überarbeitung des Regierungsprogramms mit dem Sicherheitsthema begonnen. Laut Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) gab es bereits einen erfolgreichen Abschluss. Man habe sich auf ein umfangreiches Paket geeinigt, unter anderem soll die Asyl-"Sonderverordnung" in Kraft gesetzt werden, sagte Sobotka zur APA. Ausgespart wurde das Thema Obergrenze. Die Asyl-"Sonderverordnung" soll, wie das Innenministerium am Nachmittag präzisierte, nicht in jedem Fall zeitnah in Kraft treten, sondern nur dann, wenn alle anderen Maßnahmen zur Grenzsicherung nicht ausreichen.
"Nach monatelangem Stillstand sind viele unserer Forderungen auf einmal akzeptiert worden", erklärte Sobotka Samstagvormittag. In den Gesprächen mit Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) sei jetzt der "Durchbruch" gelungen, die monatelangen Gespräche seien "sehr schön in die Gänge gekommen".
Zuvor hatte sich auch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) zu den Verhandlungen zu Wort gemeldet. Zwar sah er im APA-Interview die Gespräche auf gutem Weg. Der "ganz große kritische Punkt" sei aber die Finanzierung und Gegenfinanzierung des Gesamtpakets, diese könne "nur durch Einsparungen erfolgen", mahnte Schelling Budgetdisziplin ein.
In der SPÖ wollte man sich offiziell nicht äußern. Hinter vorgehaltener Hand zeigte man sich aber irritiert über Sobotkas Vorpreschen mit Verhandlungs-Details. Auch dass dieser zunächst davon gesprochen hatte, die Asyl-"Sonderverordnung" zur Reduktion der Flüchtlingszahlen solle zeitnah (im Februar oder März) in Kraft treten, sorgte für Verwunderung in der SPÖ. Am Nachmittag nahm das Innenressort diesen Zeitplan wieder zurück: Man habe sich mit Doskozil darauf verständigt, auf diese Maßnahme nur dann zurückzugreifen, wenn alle anderen Bemühungen zur Grenzsicherung nicht fruchten sollten.
Keine Einigkeit gab's beim Thema "Obergrenze" für zugelassene Asylverfahren - hier will die ÖVP ja eine Halbierung von derzeit 35.000 auf 17.000 Asylverfahren. Sobotka bleibe bei seinem Standpunkt, dass es zu einer Halbierung der vereinbarten Obergrenze kommen und dass die "Obergrenze" auch gesetzlich festgeschrieben werden sollte. Diese Unstimmigkeit werde im Verhandlungspapier auch festgeschrieben, hieß es am Nachmittag gegenüber der APA.
Bei allen anderen Punkten zeigte sich der Innenminister aber hochzufrieden. So habe man sich auf die In-Kraft-Setzung der "Sonderverordnung" zur Reduktion der Flüchtlingszahlen verständigt. Im Innenressort war zunächst der Zeitraum Februar oder März genannt worden. Ziel der Verordnung, die von der Regierung im Einklang mit dem Hauptausschuss des Nationalrats abgesegnet werden muss, ist es, Flüchtlingen das Stellen von Asylanträgen an der Grenze deutlich zu erschweren. Ursprünglich war vorgesehen, die Verordnung erst mit Erreichen der "Obergrenze" in Kraft zu setzen. Sobotka hatte in der Vergangenheit aber immer wieder darauf gedrängt, diese Maßnahme schon frühzeitig zu ergreifen, um die Zahl der zugelassenen Asylverfahren erst gar nicht zu stark anwachsen zu lassen.
Elektronische Fußfessel
Außerdem habe man sich auf eine Reihe von technischen Maßnahmen zur elektronischen Überwachung von Jihad-Rückkehrern verständigt, sagte der Minister. Dies werde je nach Fall entweder mittels elektronischer Fußfessel, telefonischer Überwachung über sogenannte IMSI-Catcher oder auch über andere Abhörmaßnahmen erfolgen. Richterlicher Beschluss soll dafür keiner notwendig sein. Auch habe man sich darauf verständigt, dass Wertkartenhandys künftig registriert werden müssen, berichtete der Minister.
Ebenfalls auf der Liste steht laut Sobotka die verpflichtende Speicherung von Video-Überwachungsmaterial für öffentliche Betreiber für mindestens ein Monat. Betroffen davon wären etwa der Autobahn-Betreiber ASFINAG oder die ÖBB. Private Betreiber sollen auf freiwilliger Basis ihr Material zur Verfügung stellen können. Auch habe man sich auf eine dauerhafte Kennzeichenerfassung an den Grenzen mittels Video verständigt, auch die ASFINAG-Kameras sollen entsprechend umgerüstet werden.
Geschaffen werden soll auch eine "elektronische Identität", mittels derer man sich künftig ausweisen können soll. Damit hätten berechtigte Stellen (etwa Banken) Einblick in zentral erfasste Register wie Melde- oder fremdenpolizeiliches Register - allerdings nur im Einzelfall, und nur dann, wenn der Betroffene seine Daten hergibt, um sich auszuweisen. Dies wäre fälschungssicher, außerdem würden es sich die Betroffenen sparen, alle Nachweise extra zusammenzutragen.
Ebenfalls auf Schiene gebracht werden soll das schon länger geplante "Sicherheitskabinett" der Regierung, das in Krisenfällen - ob Terroranschlag, Naturkatastrophe oder Pandemie - künftig auf Antrag der Bundesregierung zusammentreten soll.
Zur Eindämmung der Migration werde man sich verstärkt für einen sicheren Außengrenzschutz einsetzen: "Wir werden die Grenzkontrollen massiv verschärfen, auch bis hin zu einzelnen Autoanhaltungen", so Sobotka. Außerdem soll dafür Sorge getragen werden, dass die "Westbalkanroute geschlossen bleiben muss". Er habe sich mit Doskozil darauf verständigt, in der ersten Februarwoche ein Treffen der betroffenen Staaten zu organisieren, um einen Mechanismus auszuarbeiten, wie man bei einem neuerlichen Ansteigen der Migrationsbewegungen vorgeht.
Rückkehrberatung
Gleichzeitig soll die Rückkehrberatung intensiviert werden, auch die entsprechenden Zahlungen an die Rückkehrwilligen. In der Zeit der Rückkehrberatung soll der Aktionsradius der Betroffenen auf einen festgelegten Radius begrenzt werden, so Sobotka. Darüber hinaus sieht das Paket eine "Ausreisehaft" (in Höhe von 18 Monaten) vor, falls der Betroffene den Radius verlässt, innerhalb einer festgelegten Frist nicht ausreist oder erneut illegal aufhältig aufgegriffen wird.
Kritisch sieht Sobotka die von Kern geforderte Unterzeichnung des SPÖ-ÖVP-Pakts durch alle Minister. "Ich setzte meine Unterschrift unter mein Kapitel, was ich ausgearbeitet habe, unter sonst nichts", sagte der Minister.
Seitens des Verteidigungsministeriums war nach dem Gespräch vorerst keine Stellungnahme zu erhalten.