Die nächsten Nationalratswahlen finden routinemäßig im Jahr 2018 statt. Doch immer stärker werden die Anzeichen, dass die SPÖ-ÖVP-Koalition unter Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) vorzeitig zerbrechen könnte.
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) fordert vom Koalitionspartner ÖVP ein Regierungsprogramm-"Update" und will bis Freitag Ergebnisse sehen. "Wir brauchen diese Klarheit", sagte er zum "Standard". "Wir müssen Ergebnisse auf den Tisch legen, sonst braucht es diese Regierung nicht mehr."
Gleichzeitig setzte Kern ein Zeichen in Richtung ÖVP. Er könne sich sowohl eine Senkung der Obergrenze für Flüchtlinge vorstellen - wie von der ÖVP gefordert - , als auch die Ausweitung der Anwendung der Fußfessel für sogenannte "Gefährder", Menschen die aus dem Dschihad zurückkehren.
Gegen diese Fußfessel hatte die SPÖ bisher ebenfalls hinhaltenden Widerstand geleistet: Es ist ein Tabubruch, diese Fessel nicht im Rahmen einer verhängten Strafe wegen einer Straftat anzuwenden, sondern schon vorbeugend, also quasi vor Begehung einer Straftat.
Kern zeigte sich überzeugt, dass man es "binnen Wochenfrist" schaffen werde, sich in der Koalition auf wesentliche Punkte zu verständigen. Der Plan der Regierung sieht ja vor, Ende Jänner/Anfang Februar ein "Update" des Regierungsprogramms auf den Tisch zu legen.
Am heutigen Mittwoch steht eine Verhandlungsrunde auf Ministerebene an - diese könnte "richtungsweisend" sein. Die Regierungsspitze unter Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner trifft sich ab 11.30 Uhr im Bundeskanzleramt zu Verhandlungen über die geplante Überarbeitung des Regierungsprogramms.
"Taktisches Gehabe"
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hat am Dienstag nach dem Ministerrat in Richtung Koalitionspartner dafür plädiert, "die Inszenierungen und das taktische Gehabe" wegzulassen, man müsse "Fakten setzen". Eine bevorstehende Neuwahl sieht der ÖVP-Chef aber nicht: "Wir sind willig", sagte Mitterlehner.
Die Wähler wollten nach einem Jahr Hofburg-Wahlkampf nicht schon wieder Wahlkampf, glaubt Mitterlehner. Die Fakten würden in der Regierungsarbeit geschaffen werden. Bezüglich der Überarbeitung des Regierungsprogramms zeigte sich Mitterlehner denn auch zuversichtlich, dass man einige Punkte schaffen werde. Es gebe genügend Inhalte und Vorschläge, verwies er etwa auf die Abschaffung der kalten Progression oder das Sicherheitspaket. "Es liegt sicherlich nicht an uns", betonte er bei einem Solo-Auftritt vor Journalisten, wie ihn zuvor auch Kanzler Christian Kern (SPÖ) absolviert hatte.
"Schlechter Stil"
Die jüngste Wortmeldung von Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP), wonach sich der Kanzler nur mehr inszeniere statt zu arbeiten, wies Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) deutlich zurück: Das sei "schlechter Stil und belastet die Verhandlungen zweifellos". Mahrer sah dies dagegen "emotionslos".
Auch Freundlichkeiten von anderer Seite gibt es kaum. Kern (SPÖ) hatte in seinem "Plan A" angekündigt, einen Mindestlohn von 1.500 Euro notfalls auch über einen Regierungsbeschluss gesetzlich verankern zu wollen. Den Sozialpartnern will Kern noch dieses Jahr Zeit geben, diese Frage selbst zu lösen. Eine solche Frist lehnte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl am Dienstag ab. Der Mindestlohn sei ohnehin auf der Tagesordnung und einer der heurigen Schwerpunkte der Sozialpartnerschaft. Auch Gewerkschaft und Arbeiterkammer lehnen einen gesetzlichen Mindestlohn ab, die Sozialpartner seien stark genug, um tragfähige Lösungen zu entwickeln.