In der Debatte über Sozialleistungen für EU-Bürger in Österreich ist es gar nicht so leicht, genaue Daten zu erhalten. So liegen laut Sozialministerium keine Informationen über die Nationalität der Mindestsicherungs-Bezieher vor. Ohnehin gehe es aber gar nicht um die Lage in Österreich, versichert das Außenministerium nun: Man müsse die neuen Regeln auf EU-Ebene diskutieren.
Dass auf nationaler Ebene alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, um eventuellen Sozialmissbrauch zu vermeiden, gesteht man im Ressort von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) zu. Allerdings findet er ja Geschmack an den britischen Vorschlägen für eine grundlegende Änderung des EU-Vertrags, welche die Freizügigkeit (Berufsausübung und soziale Absicherung) betreffen. Die ÖVP hatte zuletzt in ihren Wortmeldungen vor allem jene Menschen ins Visier genommen, die "wenige Tage" in Österreich arbeiten, den Job verlieren und dann "Sozialleistungen" beziehen.
Zu unterscheiden ist hauptsächlich zwischen Arbeitslosengeld (und in der Folge Notstandshilfe) und Mindestsicherung. Für das Arbeitslosengeld gilt: Es ist eine Versicherungsleistung, und um Anspruch zu haben, muss eine sogenannte Anwartschaft von 52 Wochen Beschäftigung innerhalb der letzten zwei Jahre erfüllt werden (Ausnahmen gibt es, u.a. etwa für Lehrlinge). Dafür gelten auch Beschäftigungsverhältnisse im EU-Ausland. Die Mindestsicherung kann bezogen werden, wenn jemand keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat - oder aber als Zusatzzahlung, wenn dieses zu gering ausfällt. Darüber hinaus gibt es Mindestsicherungsbezieher, die als nicht arbeitsfähig gelten, etwa alte Menschen oder Kinder.
90.184 Ausländer arbeitslos gemeldet
Was an Zahlen zu eruieren ist: Insgesamt waren mit Mai 2015 laut AMS 90.814 ausländische Staatsbürger arbeitslos gemeldet. Und im Februar 2015 - neuere Zahlen sind auf der Homepage nicht verfügbar - bezogen 84.826 Ausländer Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe.
Laut Sozialministerium gab es insgesamt, also inklusive der Österreicher, rund 47.000 arbeitslose Mindestsicherungsbezieher - allerdings wird nicht ausgewiesen, wie viele von ihnen diese Unterstützung zusätzlich zu einem zu niedrigen Arbeitslosengeld bezogen und wie viele ausschließlich von der Mindestsicherung leben, weil sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.
17.450 dieser 47.000 waren ausländische Staatsbürger, darunter rund 2.000 Flüchtlinge. Und 3.543 von ihnen waren EU-Bürger oder Bürger eines Lands mit Assoziierungsabkommen (etwa die Türkei oder die Schweiz). Allerdings ist damit noch nichts über die Gesamtzahl der Mindestsicherungs-Bezieher gesagt, denn diese Zahlen werden von den Bundesländern erhoben, die wiederum keine Informationen über die Nationalität liefern müssen.
Laut Sprecher von Kurz gibt es aber allein in Wien "fast 10.000 EU-Bürger, die Mindestsicherung beziehen". In dieser Zahl sind freilich wiederum auch die in der AMS-Statistik dokumentierten als arbeitslos Gemeldeten erfasst. Das Außenministerium verweist auch auf "über 40.000 arbeitslose EU-Bürger" bzw. "einige tausend Mindestsicherungsbezieher aus der EU, die nicht beim AMS gemeldet sind".
239.512 Österreicher arbeitslos gemeldet
Insgesamt waren im Mai 2015 330.326 Personen in Österreich arbeitslos. 239.512 waren Österreicher. Wie viele EU-Bürger sich unter den gemeldeten Ausländern finden, aus den AMS-Daten nicht ersichtlich. Aufgeführt werden die EU-Staaten Kroatien, Slowenien, Deutschland, Polen, Ungarn, Rumänen, Slowakei und Tschechien mit 31.272 gemeldeten Personen.
Die größte Steigerung (plus 34,5 Prozent auf 5.198) gegenüber Mai 2014 gab es bei den Rumänen. Die zahlenmäßig größte Gruppe stellen die Deutschen mit 7.213 Personen, bei den Drittstaaten führen die Türken mit 12.891 Personen. Aus diesen Zahlen geht indes nicht hervor, welche Unterstützungsleistungen die Betroffenen erhalten. Allfällige weitere EU-Herkunftsländer weist das AMS nicht gesondert aus, unter "sonstige Staaten" finden sich nochmals 25.578 Personen.