Die staatlichen Zuschüsse für die Pensionen explodieren, dennoch fordern Karl Blecha und Sie eine Erhöhung um 1,9 Prozent. Sind Sie nicht maßlos?

ANDREAS KHOL: Die Panikmeldungen über das Steigen der staatlichen Zuschüsse sind nur die halbe Wahrheit. Es stimmt, dass infolge der Wirtschaftskrise und der steigenden Ausgaben für die Hackler-Regelung die Zuschüsse steigen, in annähernd gleichem Ausmaß fallen die Ausgaben für die Beamtenpensionen.

Wenn sogar ein SPÖ-Sozialminister meint, 1,5 Prozent sind genug, dann schießen Sie wohl über das Ziel hinaus.

KHOL: Hundstorfer vertritt das Budget, wir vertreten die Pensionisten. Es ist noch nie jemand in Verhandlungen hineingegangen und mit dem vollen Resultat herausgekommen. Hundstorfer wird seine Forderungen nicht zu hundert Prozent durchbekommen, wir auch nicht.

Sie werden doch zustimmen, dass bei den Pensionen Handlungsbedarf besteht.

KHOL: Das stelle ich nicht in Abrede. Handlungsbedarf besteht bei der Hackler-Pension. Wir müssen einen Weg finden, wie man die Regelung nach 2013 ausschleift. ÖVP-Chef Josef Pröll hat recht, dass man jetzt das Gesetz beschließt. 2013 ist ein Wahljahr.

Pröll will bereits jetzt in die Regelung eingreifen.

KHOL: Wir sollten noch vor 2013 Anreize finden, um die Menschen länger am Arbeitsplatz zu halten, nach dem Motto: Wer länger arbeitet, bekommt mehr Pension. Das muss ein gutes Geschäft sein, sonst lässt sich niemand darauf ein. Es geht nicht um Einschnitte in die Hackler-Regelung vor 2013, sondern um zusätzliche Anreize.

Muss man nicht über 67 Jahre als Pensionsalter nachdenken?

KHOL: Das ist derzeit nicht notwendig. Derzeit liegt das reale Pensionsantrittsalter bei 59 Jahren. Mit 65 in Pension gehen, bedeutet ja in Wahrheit fünf Jahre länger arbeiten. Pensionsexperten sagen mir, dass es an ein Wunder grenzt, wenn wir bis 2020 die 65 Jahre erreichen. Neben der Neuregelung der Hackler-Regelung bedarf es auch einer Neuordnung der Invaliditätspension.

Hier wird Schindluder getrieben.

KHOL: Es gibt Leute, die in Pension gehen und dann wieder ins Berufsleben einsteigen. Der Leibwächter eines österreichischen Politikers hat die Invaliditätspension in Anspruch genommen und ist dann Chef eines großen privaten Sicherheitsunternehmens geworden.

Ähnlichen Missbrauch gibt es bei den ÖBB.

KHOL: Das ist ein Skandal. Ich bin der Ansicht, dass man bei allen ÖBB-Bediensteten, die vorzeitig in Pension gegangen sind, überprüft, was sie derzeit machen. Ich halte das für Sozialbetrug. Wenn man ein Jahr lang krank ist und es keinen Arbeitsplatz gibt, kann man in Pension gehen. Diese Regelung ist schamlos ausgenützt worden. Dass die Staatsanwaltschaft nicht verfolgt, was der Rechnungshof aufgedeckt hat, ist ein glatter Skandal.

Über die Beamtenpensionen schweigen Sie nobel.

KHOL: Das stimmt nicht. Was die Pensionssysteme der Länder betrifft, ist meine Erregung groß. Finanzminister Molterer hat es beim Finanzausgleich verabsäumt, den Ländern die Daumenschrauben anzudrehen. Das rächt sich. Ländern, die bei der Reform der Beamtenpensionen säumig sind, hätte man im nächsten Jahr das Geld abziehen müssen.

Derzeit tobt eine Debatte über das Transferkonto.

KHOL: Die Debatte ist gerechtfertigt. Jeder Einzelne sollte genau sehen, was er an Sozialleistungen bezieht. Das Konto soll nicht für jeden einsehbar sein.

Wird zu viel umverteilt?

KHOL: Jüngste Studien zeigen, dass Facharbeiter und mittlere Angestellte eingespannt werden, um den Karren zu ziehen. Es ist gut, dass auch über Leistungsgerechtigkeit geredet wird. Das verlangen gerade die Pensionisten, die wegen der Grundsicherung sehr besorgt sind. Menschen, die 40 und mehr Jahre gearbeitet und eingezahlt haben, sehen nicht ein, dass jemand, der arbeitsfähig war und nichts eingezahlt hat, 733 Euro Grundsicherung erhält, und sie erhalten für 40 Jahre Arbeit gerade 300 Euro mehr Pension. Da muss die Politik sehr sorgsam sein und Missbrauch verhindern, die Gefahr einer sozialen Hängematte ist sehr groß. Und das zerreißt die Gesellschaft.