Herr Präsident, die Koalitionsverhandler suchen gerade mehrere Milliarden Euro für die notleidenden Budgets. Können Sie dabei helfen?

JOSEF MOSER: Es geht nicht nur um Einsparen, sondern darum, die Effizienz zu erhöhen, das Geld dorthin zu bringen, wo es benötigt wird und gleichzeitig die Potenziale zu heben. Diese liegen unter anderem im Bereich der vielen Förderungen und dessen Gießkannenprinzip.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen? Was lässt sich auf die Schnelle dort erreichen?

MOSER: Allein Bund und drei Länder haben 117 familienbezogene Leistungen ausgezahlt, davon 47 der Bund. Trotzdem weiß am Schluss keiner, wie viel die einzelne Familie bekommt.

Was ist da zu tun?

MOSER: Man muss die Verantwortung für diese Finanzierung zusammenführen. Das gilt auch bei der Bildung und den Pensionen.

Dauern solche Prozesse nicht viel zu lang?

MOSER: Jede Maßnahme, die Sie setzen, hat kurz-, mittel- und langfristige Wirkungen. Bei den Pensionen gibt es in einigen Ländern und Gemeinden, die mit dem Bund die Harmonisierung vereinbart haben, beträchtliche Potenziale - allein bei den Sozialversicherungsträgern in der Größenordnung von rund 1,4 Milliarden Euro. Wenn man das nicht hebt, wird das Potenzial immer kleiner.

Der Rechnungshof hat vor einiger Zeit 599 Vorschläge gemacht, wie und wo zu sparen ist. Wecken Sie damit nicht falsche Erwartungen?

MOSER: Wenn man sich mit den Themen, Zahlen und Fakten beschäftigt und ableitet, wie hoch der Bedarf ist, liegen die Schlüsse auf der Hand. Bedarf lässt sich in mehrere Seiten aufgliedern . . .

Sie sind zu philosophisch, Herr Präsident.

MOSER: Nein, gar nicht, ich bin total am Punkt. Es geht nicht darum, wie viele Milliarden nötig sind. Sondern um die Frage, ob das Geld effizient eingesetzt wird.

Geht's auch konkreter?

MOSER: Welchen Bereich wollen Sie haben?

Jenen, wo die größten Reserven schlummern.

MOSER: Bildung, Gesundheit, Förderungen, Pflege, Soziales, das sind lauter Bereiche, in denen enorme Potenziale da sind.

In dieser Reihenfolge?

MOSER: Der Staat hat eine Fülle von Aufgaben. Es geht immer darum, dass das Geld bei den richtigen Leuten ankommt. Wenn Sie sich den Gesundheitsbereich anschauen, da ist etwa das Wiener Allgemeine Krankenhaus ein Musterbeispiel für Kompetenz-Wirrwarr. Dessen nicht abgestimmtes Modell führt dazu, dass das AKH in Schwierigkeiten gekommen ist. Das ist ein Musterbeispiel dafür, dass in Österreich bei der Gesundheit die Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung nicht in einer Hand ist, was eben große Nachteile hat.

Wenn Sie morgen Finanzminister wären, was würden Sie mit Ihrem Wissen über Missstände sofort ändern?

MOSER: Dort gibt es derzeit 558 Steuerbegünstigungen. Diese Begünstigungen führen zu einem Einnahmenverlust allein bei der Einkommensteuer von ungefähr neun Milliarden im Jahr und einen Verwaltungsaufwand von 73 Millionen Euro. Erfüllen diese Begünstigungen noch ihren Zweck, ist das gerechtfertigt? Da ist vieles zu hinterfragen.

Was ist davon gerechtfertigt?

MOSER: Das wäre eine politische Entscheidung. Aber es gibt sicher eine Fülle von Begünstigungen, die nicht mehr angebracht sind.

Haben Sie den Eindruck, dass unter wachsenden Finanznöten die Politik fähiger wird, Ihre Vorschläge zum Sparen umzusetzen?

MOSER: Wir haben uns verpflichtet, bis 2016 einen ausgeglichenen Haushalt zu haben. Wenn wir dazu nicht in der Lage sind, wird die Glaubwürdigkeit nicht steigen und unsere Kreditwürdigkeit entsprechend sein. Es ist falsch zu glauben, man könne sich immer irgendwie darüberretten.