Herr Darabos, hat die SPÖ das Wahlergebnis schon verdaut?

NORBERT DARABOS: Wir haben die Position der Nummer eins errungen und das Ergebnis gut verdaut.

Sie waren zufrieden damit?

DARABOS: Ich hätte mir ein, zwei Prozent mehr gewünscht, aber unter den neuen Voraussetzungen und mit mehr Mitbewerbern kann man damit leben.

Sie waren Wahlkampfleiter, war das ein Darabos-Ergebnis?

DARABOS: Natürlich habe ich das zu verantworten. Wir haben auf die richtigen Kernthemen gesetzt, nämlich Arbeit, Bildung, Pensionen und Gesundheit.

Damit wurden Kernschichten angesprochen. Reicht das?

DARABOS: Die SPÖ spricht noch immer sehr stark Ältere an. Wir haben Aufholbedarf bei Jungen.

Und was ist mit etwa jenen, die nur prekäre Jobs haben, von denen sie nicht leben können?

DARABOS: Wir haben uns ja nicht ganz abgekapselt von der gesellschaftlichen Entwicklung. Prekäre Arbeitsverhältnisse sind ein wichtiges Thema, dem wir uns stärker widmen müssen. Wir sehen uns als Schutzpatron derer, die keine laute Stimme haben wie große Lobbys.

Was heißt das konkret?

DARABOS: Wir arbeiten an einem neuen Parteiprogramm und werden uns öffnen.

Ende 2014 wird die SPÖ neue Angebote für Wähler machen?

DARABOS: Ja, Ende 2014 könnten die Ergebnisse der Programmreform vorliegen. Qualität geht aber vor Tempo. Beschließen muss sie ein Parteitag.

Sie sind seit ein paar Monaten wieder SPÖ-Bundesgeschäftsführer. In welchem Zustand ist die Partei, wo gibt es Baustellen?

DARABOS: Die SPÖ hat sicher noch die stärkste Mobilisierungskraft aller Parteien. Es ist aber nicht zu übersehen, dass es in gewissen Bundesländern Probleme gibt.

In welchen?

DARABOS: Ich will jetzt keine einzelnen herausgreifen.

Wie schaut es beispielsweise in der Steiermark aus?

DARABOS: Sie ist an und für sich gut. Unsere Probleme in der Mur-Mürz-Furche haben mehr mit gesellschaftlichem Umbruch zu tun. Generell haben wir bei der Mobilisierung ein starkes Ost-West-Gefälle. Im Burgenland gibt es eine straff organisierte SPÖ. 60 bis 70 Prozent der Funktionäre hatten im Wahlkampf Bürgerkontakt, im Westen nur zehn Prozent.

Wie wollen Sie das ändern?

DARABOS: Es liegt ja nicht am Engagement der Funktionäre. Im Burgenland ist das viel leichter als im Bregenzer Wald. Aber strukturell ist schon etwas zu machen. In Salzburg etwa hat Gabi Burgstaller strukturelle Schwächen überstrahlt. Jetzt, wo sie weg ist, werden sie offenbar. Jetzt müssen wir an der Organisation arbeiten.

Das klingt wie ein Konzept aus dem vergangenen Jahrhundert . . .

DARABOS: Das eine schließt das andere ja nicht aus. Bürgerkontakt wird das Wichtigste bleiben, aber soziale Medien müssen stärker berücksichtigt werden. Ich sehe aber auch hier Fortschritte.

Die SPÖ hatte einmal über 700.000 Mitglieder, jetzt noch 240.000. Ist die Organisation entsprechend verschlankt worden?

DARABOS: Im ehrenamtlich-ländlichen Bereich Gott sei Dank nicht. Bei den Hauptberuflichen ja.

In wie vielen Bezirken gibt es noch SPÖ-Anlaufstellen?

DARABOS: Es gibt rund 115 Bezirke in Österreich. Wir sind, schätze ich, in 90 mit hauptberuflich besetzten Anlaufstellen präsent.

Wie geht es der größten SPÖ-Landespartei, der in Wien?

DARABOS: Sie hat in diesem Wahlkampf viele Hausbesuche gemacht. Der direkte Kontakt in der Stadt ist aber viel schwieriger als auf dem Land.

Ist die Wiener SPÖ zeitgemäß organisiert? Oder wird in den Sektionslokalen nur noch von Pensionisten Karten gespielt?

DARABOS: Sie steht gut da, aber wir kommen nicht mehr an jeden Bürger heran.

Weil Ihre Partei keine Jobs, Wohnungen mehr zu verteilen hat?

DARABOS: Die Siebzigerjahre sind definitiv vorbei, das frühere Zweiparteiensystem auch. Für Mitgliedschaften gibt es heutzutage ideologische Motive. Auf dem Land ist dadurch noch ein politischer Aufstieg möglich.

Wenn Sie den Zustand der SPÖ benoten sollten: Wo steht sie?

DARABOS: Wir sind bestens organisiert. Ich würde meinen, bei 2,2 bis 2,3 nach Schulnoten.

Woran wird der Wähler erkennen, dass sich die SPÖ verändert?

DARABOS: Inhaltlich etwa daran, dass bei den Regierungsverhandlungen bei der Bildung etwas weitergeht. Es muss ein großer Wurf kommen. Das Zweite ist die Programmreform, bei der die Mitglieder einbezogen werden.