Die Bildung ist der Schwerpunkt ihres Vorsitzes in der Landeshauptleutekonferenz. Was wollen Sie bewegen?

MARKUS WALLNER: Es gibt drei Herausforderungen, wo Bund und Länder etwas bewegen sollten. Wir brauchen einen Schub in der Sprachförderung, um die Sprachkenntnisse zum Schuleintritt deutlich zu verbessern. Bis zum März soll ein Konzept vorliegen

Gibt es so große Defizite?

WALLNER: Nicht nur bei Migrantenkindern. Wir wissen das in Vorarlberg ganz gut, weil wir uns die Kinder im Kindergartenalter sehr genau anschauen.

Unterrichtsministerin Schmied warnt vor Getto-Klassen.

WALLNER: Man sollte den ideologisch überfrachteten Streit über die Methode hintanstellen. Es macht einen Unterschied, ob man zwei oder 20 Kindern mit schlechten Sprachkenntnissen hat. Wenn es mehr sind, ist wohl eine eigene Klasse das Richtige.

Zur Nachmittagsbetreuung: Wollen Sie eine Ganztagsbetreuung oder eine Ganztagsschule?

WALLNER: Es wird in beiden Formen Verstärkungen benötigen. Es ändern sich ja die Familienstrukturen. Wir stellen eines fest: Wo es den verschränkten Unterricht gibt, machen Kinder, die in der Schule nicht so leicht mitkommen, sehr gute Erfahrungen. Die werden dort verstärkt gefördert. Das verbessert den Gesamterfolg. Wir sollten aber keinen Zwang ausüben.

Ohne Dienstrechtsreform ist eine Umstellung nicht möglich.

WALLNER: Langfristig ist das eine Voraussetzung für wirksame Reformen. Es wäre wünschenswert, wenn der Kanzler sein Versprechen wahr macht und das Thema selber in die Hand.

Wie stehen Sie zur Frage der Gesamtschule?

WALLNER: Wir reden in Vorarlberg intensiv über die Schule der 10- bis 14-Jährigen, über die Frage, wie man Chancengleichheit und Leistungsorientierung besser unter einen Hut bringen kann. Es ist an der Zeit, sich mit den Voraussetzungen näher zu befassen. Wir lassen bei uns gerade von vier Expertenteams die rechtlichen, finanziellen, pädagogischen Voraussetzungen prüfen.

Gesamtschule mit einer inneren Differenzierung?

WALLNER: International betrachtet gehen gemeinsame Schule und Differenzierung Hand in Hand. Die Entscheidung ist nicht gefallen, wir wollen uns zwei Jahre für die Debatte Zeit nehmen.

Sie brechen ein ÖVP-Tabu.

WALLNER: Ein einfaches Nein zur gemeinsamen Schule wie ein einfaches Ja zur gemeinsamen Schule akzeptiere ich nicht mehr. Ich bin für offene Diskussionen. Blockadehaltungen in der Bildung sind nicht der richtige Weg.

Sie sind ÖVP-Avantgarde.

WALLNER: Das kann man herauslesen. Man kann auf der einen Seite bei Sprachförderung und Ganztagsschule nicht darauf hoffen, die Ideologie hintanzustellen, um dann bei der gemeinsamen Schule zu sagen, da gilt die Ideologie. Wenn ich das von den anderen verlange, muss ich es auch von mir selbst verlangen.