Wer bislang unveröffentlichte Informationen aus einem Strafverfahren publiziert, soll in Zukunft mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen: Das soll laut Berichten von „Standard“ und „Falter“ das Ziel eines Gesetzesentwurfs sein, den der ÖVP-Parlamentsklub erstellt und im Frühjahr zur Abstimmung in die türkis-grüne Regierungskoordination eingebracht hat. Im Zentrum steht eine geplante Verschärfung von § 301 StGB, der die „Verbotene Veröffentlichung“ betrifft. Opposition und Medienvertreterinnen und -vertreter sind entsetzt über die Pläne der Volkspartei.

Im Entwurf wird argumentiert, dass „exzessive“ Berichterstattung Vorverurteilungen begünstige und ein faires Verfahren behindere, da sie Schöffen, Geschworene oder Zeugen beeinflussen könne. Ermittlungsverfahren sind aus Gründen des Beschuldigtenschutzes grundsätzlich nicht öffentlich, während ein Gerichtsprozess bei einer Anklage hingegen öffentlich ist. Dennoch gelangen häufig Akten an die Öffentlichkeit, was der ÖVP schon länger missfällt – besonders, da in letzter Zeit vermehrt gegen bekannte Vertreter der Partei, darunter Ex-Obmann Sebastian Kurz, ermittelt wurde.

Rechtsanwaltspräsident Utudjian zum ÖVP-Gesetzesentwurf in der ZiB2:

ÖVP-Entwurf würde Presse-, Medien- und Parteienrechte einschränken

In der ZiB 2 am Dienstagabend war dazu der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, Armenak Utudjian, bei Armin Wolf zu Gast. „Es geht hier nicht nur darum, dass Medien- und Pressefreiheit bei dem vollständigen Berichterstattungsverbot aus Strafakten hier entsprechend eingeschränkt würden, sondern es würden auch Parteienrechte beschnitten werden“, so Utudjian. Man dürfe nicht vergessen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte „völlig zu Recht und legal“ Informationen aus Strafakten weitergeben dürfen, wenn dies in „der Vertretung der Interessen ihrer Mandantinnen und Mandanten“ geboten sei. Eine derartige Regelung würde auch solche Parteienrechte, und damit Justizgrundrechte, einschränken. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine derartige Art des vollständigen Verbotes, aus Strafakten zu berichten, grundrechtskonform ausgestaltet werden kann“, meinte der Präsident.

Armin Wolf berichtete, dass die Volkspartei nach wie vor an einem Zitierverbot aus Ermittlungsakten festhalte. Berühmte österreichische Zitate wie „Du bist eine Hure der Reichen“ dürften von Medien dann nicht mehr veröffentlicht werden. Das sieht Armenak Utudjian kritisch. Das Zitierverbot würde „nicht wahnsinnig viel bringen“. Man könne auch indirekt aus Akten berichten, ohne daraus zu zitieren. „Wir meinen, dass das einfach keine ausreichende Maßnahme ist.“ Die Rechtsanwaltschaft wäre fest davon überzeugt, dass viel weniger Aktenbestandteile angehäuft werden sollten. „Nämlich nur die, die notwendig sind, um den strafrechtlichen Vorwurf tatsächlich zu bewerten“, so Utudjian. Man würde die Neuregelung der Handysicherstellung vermissen: „Weil alle diese Informationen, die Sie jetzt ansprechen, sind ja aus der Sicherstellung von Handys und Datenträgern gewonnen worden.“ Eine vernünftige Regelung der Handysicherstellung würde das Problem verkleinern, da gewisse „Zufallsfunde“ gar nicht im Strafakt landen würden.

Messengerüberwachung könnte Persönlichkeitsrechte gefährden

In Bezug auf die staatliche Überwachung von Messengerdiensten, wie sie Innenminister Gerhard Karner und der Staatsschutz fordern, sagt der Präsident der Rechtsanwaltskammer: „Es geht darum, dass ein Spähprogramm auf Handys installiert werden soll, wo technisch unklar bleibt, wie sich diese Überwachung nur auf Messengerdienste einschränken lässt.“

Es bestehe die Gefahr, dass alle Daten am Handy überwacht werden. Der Staat wolle Sicherheitslücken ausnützen, die auch Kriminelle für ihre Zwecke missbrauchen können. „Und das greift in Persönlichkeitsrechte ein.“