Die Folgen des Hochwassers werden Österreich noch lange beschäftigen. Damit sind nicht nur das Aufräumen und die Wiederinstandsetzung der beschädigten Infrastruktur gemeint. Tatsächlich kann dieses Hochwasser mit seinen Rekordmengen an Niederschlägen auch die künftigen Kalkulationen der Behörden für den Hochwasserschutz und die Gefahrenabschätzung in der Raumplanung beeinflussen: „Jeder neue Datenpunkt fließt in diese Berechnungen ein“, erläutert Helmut Habersack, Vorstand des Instituts für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung an der Wiener Universität für Bodenkultur – „das war so bei den Donau- und Kamp Hochwasserereignissen 2002, 2013 und wird auch 2024 so sein“.

Die neuen Werte in Bezug auf Regen- und Abflussmengen der Gewässer werden in die bestehenden Datenreihen miteinbezogen und neue Berechnungen erstellt. Das gilt nicht nur für Hochwasserereignisse, sondern natürlich auch für den Fall von Dürren und anhaltenden Trockenphasen. Als jüngeres Beispiel für ein signifikantes Ereignis nennt Habersack Hochwässer der Mur an der Grenze zu Slowenien. Als Folge dessen mussten die Hochwasserschutzpläne und teilweise Dammhöhen angepasst werden. Dabei sollten Dämme weg vom Fluss verlagert werden, um die Dammhöhen zu reduzieren und Gefahr von Dammbrüchen zu verringern und die Retention zu erhalten

Risikofaktor Wien-Fluss

Entlang der Donau ist das für Habersack nun eher unwahrscheinlich, weil es etwa 2002 und 2013 schon größere Abflussmengen gegeben habe. Am Wien-Fluss in der Bundeshauptstadt trat wahrscheinlich ein 1000-jährliches Ereignis auf und die Grenzwerte wurden teils erreicht und sogar überschritten, so Habersack, der jedoch grundsätzlich darauf hinweist, dass Wien mit dem Entlastungsgerinne der Donauinsel über einen der weltweit besten Hochwasserschutz verfüge.

Heikel sind die Konsequenzen, die sich aus neuen Risikoeinschätzungen in der Raumplanung ergeben. Dabei ist die Erhaltung von Überflutungsflächen außerhalb der Siedlungen wichtig. Dies kann bis hin zu freiwilligen Absiedelungen der betroffenen Bevölkerung kommen, wie es 2002 bei einigen Ortschaften der Fall war. Damals sind rund hundert Familien auf freiwilliger Basis im Machland Nord abgesiedelt.

Für Habersack stellt sich bei so gravierenden Maßnahmen stets die Frage, ob „die Menschen im extremen Gefahrenareal dazu bereit sind“. Es geht natürlich auch nur lokal in besonderen Gefährdungsbereichen. Zwar seien Zwangsmaßnahmen der Behörden grundsätzlich möglich, doch werden diese kaum angewendet. Sinnvoller sei es, mit Anreizen und Entschädigungen zu arbeiten und Lösungen gemeinsam mit der betroffenen Bevölkerung zu entwickeln. Meistens komme dabei ein Mix an Maßnahmen heraus, der dann aber auch auf hohe Akzeptanz stoße.

Gemeinden einigen sich auf Bodenschutzplan

Eine Einigung der Gemeinden für eine Reduktion des kommunalen Bodenverbrauchs präsentierte unterdessen Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl (ÖVP), dessen Gemeinde Ardagger selbst vom Hochwasser betroffen ist, im Ö1-Morgenjournal. Nach dem Willen der Gemeinden soll es zwar auch weiterhin keine verpflichtende Obergrenze beim Bodenverbrauch geben – im türkis-grünen Regierungsübereinkommen war eine solche vorgesehen, jedoch am Widerstand von Ländern und Kommunen gescheitert.

Dieser kommunale Bodenschutzplan sieht unter anderem vor, dass Freiflächen gespart werden, vorhandenes Bauland genutzt, Ortskerne dichter bebaut und leerstehende Gebäude verwendet werden sollen. Bauland soll zudem rückgewidmet werden, wenn es nicht binnen 5 bis 10 Jahren entsprechend genutzt wird; selbiges gilt auch bei Hochwasser-Gefährdung oder wenn der Grund für die Landwirtschaft gebraucht wird. Vor allem sollen Siedlungsgrenzen verbindlich festgelegt werden, um Zersiedelung zu verhindern.

Zudem sollen Flächen, die auch künftig nicht verbaut werden sollen, verbindlich geschützt werden. Ein neuer Bodenfonds soll es Gemeinden ermöglichen, Grundstücke selbst zu erwerben. Neue Bauparzellen sollen größenmäßig nach regionalen Erfordernissen beschränkt und Regenwasser die Möglichkeit erhalten, vor Ort zu versickern, statt über das Kanalnetz abgeleitet zu werden. Bei Sanierungen von Altbauten sollen die rechtlichen Vorschriften reduziert und Förderungen ausgebaut werden.