Die kommende Bundesregierung hat ein Budgetproblem. Genau genommen werden es zwei Probleme sein, ein kurzfristiges und ein langfristiges. Das kurzfristige ist die Nichteinhaltung der EU-Fiskalregeln, die zu Einsparungen zwingen. Das langfristige Problem ist struktureller Natur. Ausgaben und Einnahmen des Staates stehen in einem ungesunden Verhältnis, notwendige Zukunftsinvestitionen stehen deshalb infrage.
Die überarbeiteten Maastricht-Vorgaben verlangen von Österreich bis 2028, die staatlichen Ausgaben um 2,5 Milliarden Euro pro Jahr zu senken. Zur besseren Einordnung: In dieser Größenordnung bewegen sich die gesamten direkten Subventionen im Bereich der Klimawende. Und dieser Betrag muss eben jährlich eingespart werden, nicht nur einmal. „Das ist alles andere als trivial“, sagt Fiskalrats-Chef Christoph Badelt, der eine Debatte über dieses kurzfristige Problem vermisst. „Das wird bisher von fast niemandem angesprochen“. Am Mittwoch dürfte sich das ändern. Die Neos machen den „Kassasturz“ zum Thema der Aktuellen Stunde in der letzten Nationalratssitzung vor der Wahl.
Vermutlich noch schwieriger dürfte aber das langfristige Problem zu lösen sein, zumal die Wahlprogramme der Parteien vor guten Ideen und mitunter teuren Vorhaben nur so strotzen. Gelingt es in einem ersten Schritt, das Budget zu stabilisieren und den EU-Referenzpfad einzuhalten, müssen weitere Freiräume geschaffen werden, um Investitionen tätigen zu können. Andernfalls würden die Währungshüter erneut einschreiten.
Drei Hebel für die Konsolidierung
Drei Hebel gibt es zur Schaffung dieser Freiräume: Steuern können erhöht, bestehende Leistungen gestrichen und die Effizienz des Staates kann durch Reformen verbessert werden. Wirtschaftswachstum ist für das Budget auch von Bedeutung, von sehr großer sogar, allerdings lässt es sich nicht im Nationalrat beschließen.
Drei Parteien – ÖVP, FPÖ und Neos – wollen den ersten Hebel nicht bedienen, sondern die Steuerquote deutlich senken. Das ist auch der zentrale budgetpolitische Unterschied zu SPÖ und Grünen. Die beiden Parteien links der Mitte möchten zwar ebenfalls Arbeit geringer besteuern, der Entfall soll aber durch die Anhebung bestehender Abgaben für Wohlhabende sowie die Einführung einer Erbschaftssteuer kompensiert werden. Die Sozialdemokraten wollen darüber hinaus eine Vermögenssubstanzsteuer. Die Steuerquote soll insgesamt nicht steigen, aber auch nicht gesenkt werden.
Wie im Fall der Lohnsteuerentlastung herrscht auch in vier großen Ausgabenbereichen weitgehend Konsens über die Notwendigkeit staatlicher Investitionen, nämlich Klimawandel, Pflege, Kinderbetreuung und Sicherheit (speziell äußere Sicherheit). Was diese Politikfelder eint: Mehrausgaben sind alternativlos. Die Aufrüstung des Militärs oder der Ausbau der Pflege lassen sich nicht durch Strukturreformen in diesen Bereichen gegenfinanzieren.
Anders ist dies in zwei Gebieten, die eine hohe Kostendynamik für die öffentlichen Haushalte aufweisen: Gesundheit und Pensionen. Reformen werden hier seit Jahren diskutiert, sind aber zum Teil politisch unpopulär und nur auf sehr lange Sicht möglich (Pensionen) oder – wie im Fall des Gesundheitssystems – sie verlangen Änderungen, die einem Neubau gleichkommen. Das ist realpolitisch sehr schwierig.
Die stärkste Gewichtung auf Strukturreformen legen die Neos. Deren Forderung, das zerklüftete Gesundheitssystem künftig aus „einer Hand zu finanzieren“ wird wortgleich auch von der FPÖ erhoben. Damit enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten von Pink und Blau. In den Wahlprogrammen von ÖVP, SPÖ und Grünen finden sich wenig Vorhaben, die auf grundlegende Änderungen der Verwaltungsstrukturen hinauslaufen.
Wie groß die Effizienzpotenziale durch Föderalismusreformen sind, ist umstritten. Sie werden von der Politik eher über- als unterschätzt. Die Neos taxieren sie, inklusive Gesundheit, auf sechs Milliarden Euro. Insgesamt wollen die Pinken langfristig Freiräume von 20 Milliarden Euro freischaufeln. Dass dafür auch der Hebel „Leistungskürzungen“ zum Einsatz kommen muss, liegt auf der Hand.
Alle wollen Förderungen kürzen – nur welche?
Aus den Programmen von FPÖ und ÖVP geht dies nur bedingt hervor. Zwar werden Kürzungen beschrieben, etwa bei der Sozialhilfe für Asylberechtigte, jedoch werden damit weniger budgetäre Ziele verfolgt. Zudem fordern beide Parteien auch Leistungsausweitungen in anderen Bereichen. Die FPÖ will etwa einen Rechtsanspruch auf Schadenersatz nach Naturkatastrophen. Aus den Vorhaben von Rot und Grün ist nicht herauszulesen, dass Einsparungen durch Leistungskürzungen erfolgen sollen.
Alle Parteien eint, dass Förderungen gestrichen werden sollen. Sie machen aktuell mehr als 30 Milliarden Euro pro Jahr aus. Subventionen betreffen alle Hebel: Es kann eine Leistungskürzung sein, die Abschaffung indirekter Förderungen (Steuerbegünstigungen) erhöhen aber auch die staatlichen Einnahmen. So wollen etwa die Grünen ein Aus für klimaschädliche Förderungen. Die Neos wiederum möchten durch mehr Transparenz Mehrfach-Förderungen abschaffen, also auch hier den Hebel „Reformen“ ziehen. Wirklich konkret, welche Subventionen gekürzt werden sollen, werden die Parteien nur vereinzelt.