Die Zahl der Anzeigen wegen Schulpflichtverletzungen hat sich in den vergangenen vier Jahren verfünffacht. Das geht aus einer Beantwortung des Bildungsministers auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hervor. Angesichts der Bandbreite sind die Daten mit Unsicherheit behaftet. Im Schuljahr 2022/23 meldeten Kärnten, Vorarlberg und Salzburg gar keine Anzeige, die Steiermark registrierte 17, Tirol schon 360, Oberösterreich 1993 und Wien gleich 2322 Anzeigen.

Es gibt mehrere Gründe für Anzeigen. Aus Wien heißt es, dass Schulen ein unentschuldigtes Fernbleiben ab drei Tagen zur Anzeige bringen. Das sind die Zahlen, die das Ministerium ermittelte. Sie steigen in Wien seit 2019 konstant, ähnlich auch in Oberösterreich und Tirol. Die Bildungsdirektion in Wien erstattet ihrerseits Anzeige, wenn ein schulpflichtiges Kind in keiner Schule gemeldet wird. Hier gab es zuletzt 205 Anzeigen, davor 284.

Folge der Covid-Pandemie

Die Grünen vermuten, dass dies eine Folge der Covid-Pandemie ist, als zahlreiche Eltern ihre Kinder von der Schule abmeldeten, um sie häuslich zu unterrichten. Dies ist in Österreich, im Gegensatz zu Deutschland, unter gewissen Bedingungen möglich und verfassungsrechtlich geschützt. Am Semesterende muss eine externe Prüfung abgelegt und ein Reflexionsgespräch geführt werden. Wird dies nicht positiv absolviert, müssen die Kinder wieder eine Schule besuchen. Verweigern dies die Eltern, kommt es zu Anzeigen der Schulleitungen. Gerade die Nähe zu Deutschland, wo häuslicher Unterricht nicht erlaubt ist, könnte eine Erklärung sein, weshalb es in Tirol und Oberösterreich so viele Anzeigen gab, weil sich deutsche Eltern durch den Umzug der Schulpflicht entziehen.

Schlechte Datenlage

„Wenn Kinder nicht in die Schule gehen, ist das immer auch eine Verletzung des Kindeswohls, es raubt den Kindern Lebenschancen“, sagt Abgeordnete Barbara Neßler, die für die Grünen die Anfrage eingebracht hat. Sie stößt sich auch an der Datenlage. „Wir haben hier ein massives Problem“, sagt sie. „Im Bildungsministerium weiß man nicht einmal, zu wie vielen Strafverfahren wegen Schulpflichtverletzungen es jährlich kommt.“

In der Beantwortung von Minister Polaschek wird mit fehlender Zuständigkeit argumentiert. „Es wird darauf hingewiesen, dass es sich hier um Verfahren der jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörden handelt und es im Kompetenzbereich des Bundesministeriums kein zentrales Register oder Ähnliches gibt, wo Verfahrensdaten zentral gesammelt werden“.