Trotz seines Geständnisses, im Jahr 2017 vorab „allgemeine Fragen zum Hearing“ um die Stelle als künstlerischer Leiter der Linzer Veranstaltungsgesellschaft LIVA und des Brucknerhauses an Dietmar Kerschbaum weitergegeben zu haben, bleibt der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) im Amt – vorerst. Die Linzer SPÖ, der er am Mittwoch die Vertrauensfrage stellte, sprach ihm dieses zu „100 Prozent“ aus, hieß es in einer Aussendung am Abend.
Bei der jährlichen Klausurtagung der SPÖ Linz hätten nach „einer inhaltlichen Diskussion, bei der die Anwesenden noch offene Fragen klären und besprechen konnten“, 31 Teilnehmer und Teilnehmerinnen abgestimmt mit dem Ergebnis, „dass die Führungskräfte der Linzer SPÖ geschlossen hinter Bürgermeister Klaus Luger stehen. Er hat einen Fehler gemacht, da gibt es nichts schönzureden“, hieß es weiter. Die Zustimmung sei aber „auch eine Wertschätzung für eine Gesamtbewertung des Engagements des Bürgermeisters“, hob Fraktionsvorsitzender Stefan Giegler Lugers Arbeit hervor. Landesgeschäftsführer Florian Koppler meinte, Luger habe „in den heutigen Parteigremien reinen Tisch gemacht“. Ihm sei „absolut bewusst, dass er sich zu einem Fehler hat hinreißen lassen – den er zutiefst bedauert“.
Nachdem für die SPÖ der Bürgermeister fest im Sattel zu sitzen scheint, denkt ÖVP-Vizebürgermeister Martin Hajart nun an einen Misstrauensantrag. Er wolle sich mit den anderen Fraktionen deshalb abstimmen. Die notwendige Zweidrittelmehrheit dürfte aus aktueller Sicht kaum zu erreichen sein, nachdem die SPÖ 22 von 61 Gemeinderatsmandaten hat.
Im März waren Vorwürfe gegen Kerschbaum öffentlich geworden, die Anfang Juli dann zu dessen Entlassung führten. So soll er u.a. fragwürdige In-sich-Geschäfte abgeschlossen und die Programmgestaltung an einen Agenten vergeben haben, der selber potenzielle Künstler für das Konzerthaus betreute. Aber auch die Rolle seiner Consulting-Firma und das Hearing zu seiner Bestellung warfen Fragen auf. Kerschbaum hatte sich 2017 im Hearing gegen seine Mitbewerber durchgesetzt. Der Burgenländer bekam sieben von zwölf Stimmen, vier Mitglieder stimmten gegen ihn, eines enthielt sich. Der künftige Intendant soll bereits zuvor die Fragen der Kommission erhalten haben, was dieser auf Nachfrage nicht abstritt.
Luger will Aufsichtsratsfunktion zurücklegen
Luger, der auch LIVA-Aufsichtsratsvorsitzender ist, hatte ursprünglich gesagt, erst im November 2023 davon erfahren zu haben. Nun gab er zu, Kerschbaum Fragen vor dem Hearing zugespielt zu haben. „Weil ich damals der Meinung war, dass er aus künstlerischer Sicht eine sehr gute Wahl für Linz sei - und das glaube ich im Übrigen noch heute“, so Luger. Möglichen politischen Reaktionen griff er vor und schrieb, dass er diese zur Kenntnis nehmen werde und sie auch „parteipolitisch nachvollziehbar“ wären. Seine Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der LIVA werde er am Mittwoch formal zurücklegen, teilte eine Sprecherin des Bürgermeisters der „ZiB 2“ mit.
Ans Tageslicht gekommen ist diese Malversation offenbar durch Handy-Chats zwischen Luger und Kerschbaum im Vorfeld der Neubesetzung der künstlerischen Leitungsfunktionen, die den „Oberösterreichischen Nachrichten“ vorliegen. Der Rechtsanwalt Bernhard Steinbüchler, der den Entlassenen in dem Arbeitsrechtsverfahren gegen die LIVA beziehungsweise die Stadt Linz vertritt, habe laut dem Zeitungsbericht im Namen seines Mandanten „die Richtigkeit dieses Chat-Verlaufs“ ab April 2016 bestätigt. Der Bürgermeister hatte mehrfach behauptet, Kerschbaum vor dessen Bewerbung nicht gekannt zu haben. Die Chats würden aber eine gewisse Vertraulichkeit belegen, so seien die Männer per Du gewesen.
Wie „Mein Bezirk“ berichtet, hatte Luger außerdem ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, ob die Weitergabe der Fragen strafrechtlich relevant sein könnte. Es gebe kein Verdachtsmoment, wer das Dokument in Umlauf gebracht hätte, sagte er noch bei einer Pressekonferenz im Frühjahr.
ÖVP will strafrechtliche Relevanz prüfen
In seinem Statement fügte Luger am Dienstag noch an, „als Bürgermeister ein schlechtes Beispiel“ geben zu haben. Es sei „nicht okay, wie ich mich damals verhalten habe. Dafür möchte ich mich aufrichtig entschuldigen und um Verzeihung bitten.“
ÖVP-Vizebürgermeister Martin Hajart zeigte sich in einer ersten Reaktion enttäuscht, „Luger hat offen zugegeben, Rechtsbruch begangen zu haben“. Monatelang habe er „die Linzer belogen“, das Vertrauen sei „massiv erschüttert“. Für Hajart gehe es nun auch um eine Prüfung der strafrechtlichen Relevanz. Abgesehen davon müsse Luger politische Verantwortung übernehmen und zurücktreten.
Von Letzterem geht auch FPÖ-Stadtrat Michael Raml aus. Denn: „Die bekannt gewordenen Chats verletzen alle Regeln und jeden politischen Anstand“, meinte er am Abend.