In der Kontroverse um die Einladungspolitik des ORF zu den TV-Duellen hat sich nun erstmals Chefredakteur Johannes Bruckenberger zu Wort gemeldet. Bekanntlich ist die SPÖ darüber erbost, dass die letzte TV-Konfrontation wenige Tage vor der Wahl von ÖVP-Chef Karl Nehammer und FPÖ-Chef Herbert Kickl bestritten wird – und nicht, wie das in der Vergangenheit der Regelfall war, durch den Erst- und den Zweitplatzierten bei der letzten Nationalratswahl. In diesem Fall müsste das Duell Nehammer gegen SPÖ-Chef Andreas Babler lauten. Die Kleine Zeitung hat als erstes Medium darüber berichtet.

Die Abfolge der TV-Duelle sei „eine unabhängige Entscheidung der Chefredaktion in Abstimmung mit dem für die Information zuständigen Generaldirektor“, erklärt Bruckenberger auf X. „Die Entscheidung erfolgte ausschließlich nach journalistischer Beurteilung bzw. nach terminlichen Kriterien (kein Gast zweimal an einem Abend). Sie berücksichtigt auch das Ergebnis der EU-Wahl am 9. Juni – FPÖ vor ÖVP und SPÖ – und spiegelte zum Stand der finalen Entscheidung Mitte/Ende Juni die im APA-Wahltrend zusammengefassten Umfragen wider.“ Die ÖVP liegt seit Mitte Juni wieder vor der SPÖ.

Kommunikationswissenschaftler Jakob-Moritz Eberl, der sich in der Vergangenheit mit TV-Duellen und Elefantenrunden befasst hat, lässt kein gutes Haar am ORF.  „Es ist problematisch, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk keine klaren Spielregeln festlegt, denn das lässt Interpretationsspielräume offen und macht zukünftige Entscheidungen umso angreifbarer.“

Die Einladungspolitik führte in der Vergangenheit immer wieder zu heftigen Debatten. Eberl erinnert daran, dass der ORF 2019 auf Basis einer Relevanzstudie die Grünen zu den TV-Konfrontationen eingeladen hatte, obwohl sie nicht dem Parlament angehörten. 2013 war Frank Stronach Gast bei den TV-Konfrontationen, weil die Bewegung durch übergelaufene BZÖ-Mandatare Klubstatus erlangt hatte, die Neos jedoch nicht. 2002 trafen Kanzler Wolfgang Schüssel und SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer beim letzten Duell aufeinander, obwohl die ÖVP 1999 den dritten Platz bei der Wahl erlangt hatte.