Digitalisierung und Alterung sind wohl die beiden mächtigsten Megatrends unserer Zeit. Erstere lebt von ständigen Neuerungen, bei denen viele ältere Menschen Probleme haben mitzukommen, selbst dann, wenn sie es eigentlich wollen.

Das sorgt für eine wachsende Zahl an Konflikten. Es gibt fast nichts mehr, dass nicht online organisiert werden kann. Bargeldloses Zahlen wächst stetig, sodass manche sogar die Zukunft des Bargelds mit einem Fragezeichen versehen. Zugtickets, Flüge oder Zimmer werden über Plattformen gebucht. Dass man hier gezielt mit Preisbudgets, Anbietern und Reisezeiten jonglieren kann, ist ein unbestreitbarer Vorteil, dessen Handhabung nur vor allem die älteren Generationen überfordert; wer es trotzdem analog erledigen muss oder will, muss draufzahlen. Dass das einstmals einmalig dichte Netz an Bankfiliale dünn und immer dünner wird, erregt besonders die Gemüter. Auch hier warten höhere Kosten und nervtötend lange Warteschlangen, wer auf den Gang in die nächste Bank angewiesen ist.

Immer mehr Supermärkte setzen, um solche Wartezeiten zu verkürzen (und den Personalbedarf zu verringern), verstärkt auf Selbstbedienungskassen, an denen die Kundinnen und Kunden sich selbst die Rechnung ausstellen. Noch eilen meist hilfsbereite Angestellte bei Bedarf zur Hilfe. Aber wie lange noch?

Dass auch Bund, Länder und Gemeinden ihre Dienstleistungen zusehends digitalisieren, macht die Sache nicht einfacher. Manche Anträge auf Förderungen wie etwa Handwerker- oder Reparaturbonus konnte man zunächst nur online stellen. Das galt anfangs auch für Anlegersparen über den Bundesschatz des Finanzministeriums. Erst ein öffentlicher Aufschrei hat die Politik umdenken lassen. Immerhin: Die Registrierung und Nutzung der zentralen öffentlichen Plattform ID Austria stellt nicht nur die älteren Semester vor etliche Hürden, sondern auch viele jüngere.

Die Herausforderungen werden weiter wachsen

Die Probleme werden wohl eher nicht geringer: Anfang 2024 lebten mit einem Anteil von jeweils knapp 20 Prozent der Gesamtbevölkerung gleich viele Menschen in Österreich, die jünger als 20 und älter als 65 Jahre sind. Bis 2040 steigt der Anteil der Älteren laut Prognosen der Statistik Austria auf über 26 Prozent oder 2,569 Millionen Menschen (2024: 1,839) und bis 2080 auf 29,1 Prozent oder 2,978 Millionen.

Die Spannungen zwischen Digitalisierung und Alter sind nicht zuletzt politisch höchst relevant. Die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts erfordert den Einsatz der neuen und neuesten Technologien in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Gleichzeitig wächst der politische Einfluss der Älteren mit ihrer Zahl. Keine Partei, die Nummer eins werden will, kann und will es sich leisten, auf deren Stimmen zu verzichten, zumal deren Parteitreue und Wahldisziplin weit höher als die der Jungen ist. Insbesondere SPÖ und ÖVP gelten aufgrund ihres Wähleranteils unter den Pensionistinnen und Pensionisten als Rentnerparteien – und Österreich deshalb auf dem Weg zur Rentnerrepublik.

Entsprechend aufmerksam verfolgen Rot und Schwarz, was die Generation der Großeltern umtreibt. Die SPÖ hat ein Recht auf ein analoges Leben ausgerufen: „Niemand soll draufzahlen, nur weil man nicht alles digital machen will“, postuliert die SPÖ in ihrer Ideensammlung für den anlaufenden Wahlkampf. Dem Seniorenbund der ÖVP geht das zu weit, er fordert für die nächsten 10, 15 Jahre ein Nebeneinander von digital und analog. Offen ist nur, ob es sich bei den Schwierigkeiten mit der digitalen Welt wirklich nur um ein Übergangsphänomen handelt, oder ob uns die in immer kürzer werdenden Abständen auftretenden Neuerungen nicht chronisch mit dem Alter überfordern, wie Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle Steiermark befürchtet.

Der Ärger verstellt oft den Blick auf die Verbesserungen

Zu behaupten, die Digitalisierung würde zur Hauptsache Ältere benachteiligen oder grundsätzlich benachteiligen, wäre trotzdem falsch. Zu viele Vorteile sind längst ebenfalls Teil einer neuen Normalität: In Sozialen Medien lässt sich auch über weite Distanzen persönlich mit den Kindern, Enkeln, Freunden kommunizieren. Zudem liegen gerade für Gesundheit und Pflege in der Digitalisierungen große Chancen.

In diese Kerbe schlägt denn auch der Bericht der deutschen Alterskommission, geht dieser doch davon aus, dass digitale Technologien das Potenzial haben, die Lebenssituation älterer Menschen erheblich zu verbessern. Zwischen diesen Chancen und echten Benachteiligungen muss die Politik – in Österreich wie in Europa – einen Kurs finden, der notwendige Veränderungen mit schützenswerten Interessen kombiniert und nicht gegeneinander ausspielt. Chancengerechtigkeit ist ein Prinzip, das immer gilt.