In einem Prozess um gefälschte Covid-Testzertifikate am Dienstag am Bezirksgericht Purkersdorf (Bezirk St. Pölten) sind der ehemalige FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein und der freiheitliche Generalsekretär Christian Hafenecker zu Geldstrafen verurteilt worden. Jenewein muss 2.000 Euro zahlen, Hafenecker 5.100 Euro. Drei Mitangeklagte, darunter Hafeneckers Ehefrau, wurden freigesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Corona-Testzertifikate für Fußball-EM-Spiel 2021
Jenewein bekannte sich laut seinem Verteidiger Christoph Rother zu allen 20 von der Anklage umfassten Fälschungen von Mai bis August 2021 schuldig. Der ehemalige Politiker soll Zertifikate teilweise für sich und teilweise für andere am Computer verändert haben. Die Fälschungen seien „unüberlegt“ gewesen, Jenewein bedauere dies sehr, sagte der Verteidiger, der um Diversion ersuchte. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch einen Fund auf dem Handy des früheren Politikers.
Die anderen vier Angeklagten bekannten sich nicht schuldig. Hafenecker, dessen Ehefrau und ein Freund der Familie, der für die FPÖ als Gemeinderat tätig ist, sollen laut Staatsanwaltschaft Wien von Jenewein gefälschte Corona-Testzertifikate erhalten haben, um bei einem Fußball-EM-Spiel am 23. Juni 2021 in Budapest zuzuschauen. Hafenecker soll kurzfristig Tickets für das Match bekommen haben. Die drei Beschuldigten hatten sich für den Zutritt ins Stadion testen lassen, die Resultate standen aber bei der Anfahrt noch aus, sagte der Vertreter der Anklagebehörde. Christoph Völk, der Rechtsanwalt der drei Angeklagten, sah keinen Beweis für eine Bestimmung oder einen Beitrag. Er forderte ebenso wie Niki Haas, der Verteidiger des Fünftbeschuldigten, einen Freispruch.
Jeneweins Fall „an der Grenze“ zur Diversion
Als Zeuge sagte ein Mitarbeiter des FPÖ-Parlamentsklubs aus, der bei Jenewein gefälschte Covid-Zertifikate bestellt hatte. Er hatte bereits vor der Verhandlung Diversion erhalten. Der Zeuge hatte nach seinen Angaben Jenewein gefragt, ob er „als Backup“ Testzertifikate für seine vier Mitfahrenden fälschen könne, falls die PCR-Resultate nicht rechtzeitig einlangen. „Ich kann mich nicht erinnern, ob wir vorher über die Tests gesprochen haben“, sagte der Mann, der das Match gemeinsam mit Hafenecker, dessen Frau und dessen damals strafunmündigem Sohn sowie einem weiteren Angeklagten besuchte. Die echten negativen PCR-Tests langten laut Gericht kurz vor dem Match bzw. während des Spiels ein.
Jenewein und Hafenecker wurden schließlich schuldig gesprochen. Bei Ersterem habe sich die Frage nach einer Diversion gestellt, „der Fall ist an der Grenze“, meinte der Richter. Letztendlich sah er aber eine „schwere Schuld gegeben“, und „20 Fakten sind viele“. Die Verurteilung von Hafenecker begründete der Richter damit, dass er „nicht den leisesten Zweifel“ daran habe, dass dieser den Parlamentsmitarbeiter bestimmt habe, die gefälschten Testzertifikate bei Jenewein zu bestellen. Zu einem Teil der Anklagepunkte erfolgten Freisprüche. Jenewein muss wegen Datenfälschung 100 Tagessätze zu je 20 Euro zahlen, Hafenecker als Bestimmungstäter 30 Tagessätze zu je 170 Euro. Die anderen Beschuldigten wurden freigesprochen, weil eine Bestimmungstäterschaft nicht nachzuweisen war.
Bei Verfahren vor einem Bezirksgericht müssen Angeklagte nicht persönlich erscheinen und können sich durch einen Verteidiger als Machthaber vertreten lassen, erläuterte der Richter. Der Rechtsanwalt von Hafenecker verwies auf die „Macht der Bilder in einem Superwahljahr“. Deshalb hätten seine Mandanten ihr Recht wahrgenommen, nicht persönlich zu erscheinen. Jenewein nehme aufgrund eines seit Längerem gebuchten Urlaubs nicht an der Verhandlung teil, sagte sein Verteidiger.
Hafeneckers Rechtsanwalt meldete Berufung an
Der Staatsanwalt gab nach der Urteilsverkündung keine Erklärung ab. Der Verteidiger von Jenewein erbat Bedenkzeit, der Rechtsanwalt von Hafenecker meldete Berufung an. Damit sind die Urteile nicht rechtskräftig.
Hafenecker zur Seite sprang wenig später dessen Kollege im blauen Generalsekretariat, Michael Schnedlitz. Hafenecker sei ein „Opfer der schwarzen Netzwerke innerhalb von Polizei und Staatsanwaltschaft“, konstatierte er via Aussendung. Das Urteil sei „der Versuch der politischen Gegner, uns Freiheitliche mundtot zu machen“.
„Dieses Urteil zeigt vor allem eines: dass leider immer mehr Politikerinnen und Politiker glauben, für sie gelten die Regeln, an die sich alle anderen halten müssen, einfach nicht“, reagierte Matthias Zauner, Landesgeschäftsführer der Volkspartei Niederösterreich, in einer Aussendung. Er stellte einen Vergleich von Hafenecker mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) her, die „Straßenbauprojekte nicht umsetzt, obwohl sie vom Parlament beschlossen wurden“. „Niemand steht über dem Gesetz. Das kann sich auch ein Herr Hafenecker hinter die Ohren schreiben“, befand Zauner.
(Artikel um 17.45 Uhr aktualisiert)