Bund, Länder und Sozialversicherung haben zum ersten Mal einen gemeinsamen Digitalisierungsplan für das Gesundheitssystem erarbeitet. Was etwas rätselhaft mit „e-Health-Strategie“ betitelt ist, zielt nicht nur darauf ab, Service und Behandlungsqualität durch digitale Anwendungen zu erhöhen, sondern soll auch die Effizienz im System erhöhen. Und das wird notwendig sein: Die demografische Entwicklung bedingt einen Arbeitskräftemangel, der auch im Gesundheitsbereich zu spüren sein wird, gleichzeitig erhöht die Alterung die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen. Dazu kommt: Medizin und Medikation werden zwar besser, in der Tendenz aber auch aufwendiger.
Leitartikel von Simon Rosner
In der Strategie sind mehr als 60 Maßnahmen festgelegt, die bis 2030 umgesetzt werden sollen. Ab 2026 sollen etwa Arzttermine über die Hotline 1450 flächendeckend gebucht werden können, auch Videokonsultationen will man dann breit verfügbar machen. Die elektronische Gesundheitsakte ELGA soll ein eigenes App mit Zugriff auf Befunde, Bilder und Medikamente erhalten, in die künftig alle Gesundheitsdienstleister Einsicht nehmen können sollen. „Das kann Leben retten“, sagte Minister Johannes Rauch (Grünen). Die Möglichkeit zum Opt-out bleibt bestehen.
Gesundheitsplanung soll verbessert werden
Ab dem kommenden Jahr sind Ärzte verpflichtet, Diagnosen zu codieren. Das soll auch die Gesundheitsplanung erleichtern. „Im Moment sind wir im Blindflug. Wir wissen wenig darüber, wie viele Menschen in welchen Regionen bestimmte Erkrankungen haben“, sagte Andreas Huss, der aktuell Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ist. Künftig sollen diese Daten auch in die Erstellung der regionalen Strukturpläne einfließen, wo unter andere die Anzahl der Kassenstellen festgelegt werden.
Ein dritter Punkt der Digitalisierungsstrategie ist die anonymisierte Nutzung der Daten für die Wissenschaft. Das betrifft die Forschung an Arzneimitteln und Therapien ebenso wie Aspekte der besseren Steuerung des Gesundheitssystems, das in Österreich stark fragmentiert ist und einer Kooperation zwischen Bund, Ländern (Spitäler) und Sozialversicherung (niedergelassene Ärztinnen und Ärzte) bedarf. „So gut zusammengearbeitet haben wir noch nie“, betonte Christine Haberlander, zuständige Landesrätin in Oberösterreich.
51 Millionen Euro pro Jahr für Digitalisierung
Rauch verwies auch darauf, dass mit jährlich 51 Millionen Euro aus der Gesundheitsreform erstmals ein relevantes Budget für Digitalisierung zur Verfügung steht. Die E-Card werde zum Schlüssel für die Daten werden, sagte Huss. Bisher machten drei Prozent von der Opt-out-Möglichkeit Gebrauch. Auch einzelne Befunde und verschriebene Medikamente können von der Einsicht durch andere Ärzte ausgenommen werden.
Die e-Health-Strategie soll bis 2030 in den kommenden Jahren den Grundsatz „digital vor ambulant vor stationär“, auf den sich die Systempartner im Gesundheitsbereich geeinigt haben, mit Leben erfüllen. Der Erstkontakt im Akutfall soll telefonisch via 1450 stattfinden. Diese Stelle soll Patient und Patientin durch das System leiten. „Wir haben in den Spitalsabmbulanzen derzeit eine Fehlbelegung von 50 bis 60 Prozent“, so Rauch. Haberlander berichtete von einem Pilotprojekt in Oberösterreich mit einem Check-in für Ambulanzen über die Hotline 1450, das dazu führe, dass im Krankenhaus die Wartezeit kürzer werden.