Es sei eine „schmerzliche Lücke“, die nun geschlossen werde. Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerks Österreich, begrüßt, dass ein Pflegestipendium für Berufsumsteiger künftig auch für jene infrage kommen soll, die ihre Ausbildung zur diplomierten Pflegekraft auf einer Fachhochschule erwerben

Am Mittwoch präsentierte die türkis-grüne Bundesregierung ihr insgesamt drittes Pflegepaktet. Enthalten ist neben der Ausweitung des Pflegestipendiums, das aktuell nur für Ausbildungen zur Pflegeassistenz, Pflegefachassistenz und in Sozialbetreuungsberufen bezogen werden kann, etwa auch eine Anlaufstelle für die Anerkennung ausländischer Berufsausbildungen. Ebenso sollen Kompetenzen von Heimhilfen ausgeweitet werden, sodass diese künftig Blutdruck messen oder Augentropfen verabreichen dürfen. Für Agenturen, die 24-Stunden-Betreuung vermitteln, sollen in Zukunft strengere Transparenzregeln gelten, was beispielsweise die Preiszusammensetzung betrifft. Im Nationalrat sollen die Reformen noch vor der Sommerpause beschlossen werden.

Neuerungen bei Pflegestipendium sollen im September in Kraft treten

Die Bundesregierung begründet die Maßnahmen mit Verweis auf die steigende Zahl älterer Menschen in Österreich, womit auch der Bedarf an Betreuung und Pflege und nach qualifiziertem Personal steige. Auch verwies die türkis-grüne Regierung auf die bereits gesetzten Schritte der vergangenen Jahre – etwa auf die Gehaltszuschüsse für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Pflege, die sechste Urlaubswoche für Mitarbeiter ab 43 Jahren, den Ausbildungszuschuss von 600 Euro und das Umsteiger-Pflegestipendium von mindestens 1500 Euro pro Monat. Das Stipendium ist für jene Personen gedacht, die aus einem bestehenden Beruf in Betreuung und Pflege umsteigen und deshalb während der Ausbildung auf ihr Einkommen verzichten müssen.

Eine bundeseinheitliche Weiterentwicklung solle es bezüglich der Standards für Sozialbetreuungsberufe geben – betreffend Berufsbild, Tätigkeit und Ausbildung. Die Altersgrenze für alle Sozialbetreuungsberufe wird bundesweit auf 18 Jahre gesenkt. Bisher mussten manche junge Erwachsene nach ihrer Ausbildung warten, bevor sie als Fach- oder Diplom-Sozialbetreuer bzw. -betreuerin arbeiten durften.

Eine Ausweitung gibt es bei der sogenannten Ersatzpflege für pflegende Angehörige. Diese erhalten künftig schon ab dem ersten Tag finanzielle Unterstützung für eine solche Ersatzpflege. Pflegende Angehörige können sich damit beispielsweise einen Tag in der Woche „freinehmen“. Bisher war eine finanzielle Unterstützung erst ab drei aufeinander folgenden Tagen möglich. Die Höhe liegt je nach Pflegestufe bei maximal 1200 bis 2500 Euro pro Jahr. Förderbar sind maximal vier Wochen pro Kalenderjahr. Auch wird der Bezieherkreis erweitert, und zwar auf Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten, Pflegeeltern sowie Tanten und Onkel.

Hilfswerk-Chefin sieht „sehr positives Paket“

Erste Reaktionen auf die Regierungspläne fallen gemischt aus. Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler begrüßt in einer Aussendung die Schritte, fordert aber eine Gesamtreform im Pflegebereich und ein Ende des „Fleckerlteppichs“ zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Der Gewerkschaftsbund (ÖGB) moniert, dass keine Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen gesetzt würden.

Anselm spricht insgesamt von einem „sehr positiven Paket“. So sei es derzeit „in Österreich wirklich schwierig, als ausländische Pflegekraft in die Gänge zu kommen“, sagt sie im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Hier eine zentrale Anlaufstelle zu schaffen sei „goldrichtig“, wenn auch die konkrete Umsetzung noch abzuwarten sei.

Längerfristige Planung nötig

„Grundsätzlich hat diese Regierung mehr zusammengebracht als viele vor ihr“, zieht sie am Ende der Legislaturperiode Bilanz. Notwendig sei es allerdings, längerfristige strategische Überlegungen anzustellen, wie sich der Pflegesektor in Österreich entwickeln soll. Das sei auch für jeden einzelnen von Bedeutung. „Ich muss wissen: Worauf kann ich mich verlassen, wenn ich alt werde, und wo muss ich vielleicht stärker selbst vorsorgen.“