Wohl auch mit Blick auf die bevorstehende Nationalratswahl im Herbst will die ÖVP im Asylbereich Härte demonstrieren. Innenminister Gerhard Karner und Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) verkündeten, dass die Regeln für Asylwerberinnen und Asylwerber, die sich in der Grundversorgung des Bundes befinden, verschärft werden. Zur Erklärung: In der Bundesbetreuung befinden sich jene, die am Anfang ihres Asylverfahrens stehen, bevor sie in die Zuständigkeit der Bundesländer überstellt werden.
Einerseits soll ein „umfassender Pflichtkatalog für Asylwerber“ erstellt werden. Die bisher freiwilligen Schulungen zu Leitlinien und Normen für das Leben in Österreich sollen ab Juni verpflichtend sein. Mit Trainern des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) soll in den Bundeseinrichtungen über Umgangsformen und Kultur, Gleichberechtigung, Rechte und Pflichten sowie Rechtsstaatlichkeit und die Ablehnung von Antisemitismus aufgeklärt werden, erklärt Karner. Wer sich weigert, die vier Einheiten zu je 90 Minuten zu absolvieren, dem soll das monatlich 40 Euro betragende Taschengeld gekürzt werden.
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1,50 Euro „Anerkennungsbetrag“
Das soll auch jenen drohen, die sich künftig weigern, die Allgemeinheit mit gemeinnützigen Tätigkeiten zu unterstützen. Auch dazu sollen Asylwerber in der Grundversorgung des Bundes verpflichtet werden. Eine entsprechende Verordnung soll Ende Juni erlassen werden. Unter anderem sollen Betroffene bei Bund, Ländern und Gemeinden und NGOs aushelfen, unter andere beim Pflegen von Grünflächen, in Obdachlosenunterkünften oder in städtischen Büchereien. Wer Schutz, Verpflegung und Unterkunft bekomme, solle dafür auch etwas zurückgeben, begründete Karner die Verschärfung. Als „Anerkennungsbetrag“ sollen Asylwerber 1,50 Euro pro Stunde erhalten.
Doch wie viele Personen würde die neue Verpflichtung treffen? Aktuell befinden sich rund 73.000 Personen im Land in der Grundversorgung. Bei 38.000 von ihnen handelt es sich jedoch um Ukrainerinnen und Ukrainer, die von der Regelung ausgenommen sind. Sie kommen meist privat unter und haben (dank Sonderregelung) ohnehin Zugang zum Arbeitsmarkt. Für den Großteil der restlichen 35.000 Personen sind die Länder zuständig, auf sie werden Asylwerber, die zum Verfahren zugelassen sind, aufgeteilt. Damit bleiben aktuell 1600 Personen in Bundesbetreuung übrig, die die Verpflichtungen treffen würden. Angesprochen auf diese geringe Zahl erklärt Andreas Achrainer, Geschäftsführer der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), dass man vorbauen wolle für Zeiten, in denen die Asylantragszahlen wieder steigen. Aktuell gehe es mit der Überstellung in die Länder schnell, zu Spitzenzeiten könne das jedoch bis zu einem Jahr dauern.
Doch auch bei jenen, die von den neuen Pflichten künftig betroffen sind, sei es bisher weniger an Unwillen als an fehlenden Möglichkeiten gescheitert, wie zahlreiche NGOs im Asylbereich seit Jahren kritisieren. Betroffene müssten eingeschult bzw. betreut werden und auch der Organisationsaufwand für Städte und Gemeinden sei nicht zu unterschätzen. Die Motivation der Untergebrachten bestätigt auch Achrainer, „es gibt Wartelisten für Tätigkeiten in unseren Einrichtungen“.
Unklar ist auch, ob die geplante Taschengeld-Reduktion bei Verweigerung wirklich durchsetzbar ist. Denn im entsprechenden Gesetz sowie in der nun in Begutachtung geschickten (nur eine Seite umfassenden) Verordnung ist stets von Zustimmung und Freiwilligkeit die Rede. Im Innenministerium gibt man sich dennoch zuversichtlich, man wolle echte Anreize für frühe Integration setzen.