Ist es der heraufziehende Nationalratswahlkampf oder doch die wachsenden Probleme? Fast zeitgleich kündigen Wien und Vorarlberg neue Regeln für eine bessere Integration der vielen Migranten, die eben erst nach Österreich gekommen sind oder schon länger hier leben.

So hat der Wiener Jugend- und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) hat am Montag angekündigt, Regeln für das Zusammenleben in Wien definieren zu wollen. Unter dem Titel „Prinzip Wien“ wird es dazu etwa einen „Wertekonvent“ im Herbst geben. Der Stadtrat ortete angesichts des grassierenden Antisemitismus, mitunter mittelalterlichen Frauenbildern, Rassismus oder LGBTQ-Feindlichkeit akute Probleme in der Stadt - und das nicht nur bei zugewanderten Menschen. Zuletzt habe sich in Wien das Zusammenleben schwieriger gestaltet, da angesichts internationaler Krisen auch hier kulturelle Konflikte zum Vorschein gekommen seien. „Wien, es gibt ein Problem“, zeigte sich Wiederkehr überzeugt.

Der Neos-Politiker bekräftigte etwa seine Forderung nach Kürzungen von Sozialleistungen oder Strafen für säumige Eltern. Er forderte einmal mehr den Bund auf, hier tätig zu werden. Auch Konsequenzen für Bundesländer, die die Asyl-Betreuungsquote nicht erfüllen, urgierte er erneut. Der Bund, so konstatierte er, sei jedoch untätig und debattiere stattdessen über die sogenannte Leitkultur. Hier würden Werte aber mit Folklore verwechselt. Als Beispiele nannte er aber bereits zwei Grundsätze, nämlich, dass das Erlernen der deutschen Sprache nicht optional sei und dass Gesetze vom Staat kämen und nicht in Religionsbüchern stünden.

Das Land Vorarlberg, wo im Herbst zudem Landtagswahlen anstehen, führt ab 1. Juni eine Kodex-Vereinbarung für Asylwerber ein. Die Flüchtlinge sollen sich per Unterschrift selbst zur Teilnahme an Deutsch- und Wertekursen sowie zur gemeinnützigen Tätigkeit verpflichten, wie Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) kürzlich bekannt gab. Mit Sanktionen hält sich das Land noch zurück, zunächst wolle man einige Monate lang beobachten, wie das Modell angenommen wird.

Grüne gegen Sanktionen: Vorarlberg setzt anfangs auf Freiwilligkeit

Wallner sowie der zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP) betonten, dass es ein Gebot der Stunde sei, „auf die Integration zu achten“. Es gelte, das Thema und die diesbezüglichen Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Laut einer Umfrage würden sich in Vorarlberg 80 Prozent der Bürger dafür aussprechen, dass Flüchtlinge eine Integrationsleistung zu erbringen haben.

Beginnend mit 1. Juni wird der einseitige „Vorarlberg Kodex“ neu in Vorarlberg ankommenden Asylwerbern vorgelegt, aber auch jenen rund 1.750 Flüchtlingen, die sich bereits in der Grundversorgung des Landes befinden. Eine Verpflichtung zur Unterschrift gibt es nicht. „Wir gehen stufenweise vor. Wenn es in einer Vielzahl von Fällen zu einer Verweigerung kommt oder sich Asylwerber nicht an den Kodex halten, werden wir eine zweite Stufe einleiten“, sagte Wallner. Das würde bedeuten, dass das Land das Sozialleistungsgesetz ändert und eine Sanktion festschreiben würde – konkret eine Kürzung des Taschengelds.

Die Gesetzesänderung sei vorbereitet und könnte innerhalb von wenigen Wochen umgesetzt werden, stellte Wallner fest. Die Einführung einer solchen Strafe soll aber jedenfalls nicht früher als in einem Jahr erfolgen. Wallner verhehlte nicht, dass man mit dem Regierungspartner - den Grünen - in Sachen Sanktionen unterschiedlicher Meinung sei. Den „Vorarlberg Kodex“ in der vorliegenden Form würden die Grünen aber mittragen. „Ich bin sehr froh, dass wir Grüne uns bei der Frage der Sanktionsmöglichkeiten durchgesetzt haben und es zu keiner Taschengeldkürzung kommen wird“, sagte Grünen-Klubobfrau Eva Hammerer in einer Aussendung.