In der Messe Graz finalisieren die Neos morgen ihren dreistufigen Prozess, um ihre Listenreihung für die Nationalratswahl im Herbst zu klären. Überraschungen dürften ausbleiben, hinter Parteichefin und Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger steht Neos-Rückkehrer Sepp Schellhorn auf der Bundesliste. Die aktuellen Abgeordneten dürften dank wählbarer Plätze auf Bundes- und Landeslisten abgesichert sein.
Wie auch immer die Reihung morgen ausfällt, leicht wird es für die Pinken im Wahlkampf nicht. Die Partei kassiert seit mehr als einem Jahr Wahlschlappen, die Anfangs noch zweckoptimistisch wegmoderiert wurden. Den Umstand, dass man im März 2023 den Einzug in den Kärntner Landtag deutlich verfehlt, erklärt man damit, dass Kärnten eben ein schwieriges Pflaster sei. Dass die Neos kurz darauf in Salzburg nicht nur aus der „Dirndlkoalition“, sondern auch aus dem Landtag fliegen, quittiert man mit dem Umstand, dass die urbane Partei eben besser in Städten reüssiere. Dass man (inklusive Burgenland) nun in drei Bundesländern auf Landesebene nicht vertreten ist, sei bedauerlich.
Die Bedingungen wären durchaus günstig
Doch ein Jahr später kommt der Partei im heurigen März auch in der Stadt Salzburg ein Drittel ihrer Wähler abhanden, mehr als ein Mandat im Gemeinderat ist nicht drin. Und auch bei der Innsbruck-Wahl vergangenen Sonntag verpassen die Neos (auch dank Vier-Prozent-Hürde) den Wiedereinzug in den Gemeinderat und können damit in einer weiteren Landeshauptstadt nicht von sich überzeugen.
Was läuft falsch in der Partei? Die Bedingungen wären durchaus günstig – laufende Korruptionsermittlungen, die man als „Sauberpartei“ ausschlachten kann, eine schwächelnde ÖVP, deren Wähler man mit bürgerlichen Positionen locken könnte und die Umfragen-basierte Annahme, dass die Pinken nach der Nationalratswahl Königsmacher für eine Dreierkoalition abseits der FPÖ werden könnten.
„Bei uns geht etwas die Angst um“
„Bei uns geht jetzt tatsächlich etwas die Angst um“, erklärt ein Pinker aus der Wiener Partei. „Bisher scheinen wir noch eher ratlos zu sein, wie man in den Ländern trotz dort wenig vorhandener Strukturen besser überzeugt.“ Arbeit und Kompetenz der Partei würden zwar geschätzt, Wählerbindung aufzubauen, falle aber weiter schwer. Parteichefin Meinl-Reisinger gilt intern als großteils unumstritten, die schlechten Ergebnisse kratzen jedoch zusehends an ihrem Image. Zudem gilt der pinke Markenkern als nicht ausreichend definiert.
Ein Ausscheiden aus dem Nationalrat befürchtet man nicht, die Positionierung als Oppositionspartei sei zu gut verankert. Umfragen handeln die Neos in den letzten Monaten zwischen acht und elf Prozent, doch auch bei jüngsten Wahlschlappen wurde den Pinken ein deutlich besseres Ergebnis vorhergesagt als das dann errungene. Ein Plus wird der Partei auch für die bevorstehende EU-Wahl bescheinigt. Dass mit Helmut Brandstätter ein nicht mehr allzu junger, männlicher Kandidat ins Rennen geht, hat nicht jedem in der Partei geschmeckt. Ob er die pinke Pechsträhne beenden kann, zeigt sich am 9. Juni.