Die ehemalige SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner darf sich einige Monate nach ihrem Ausscheiden aus der Spitzenpolitik über einen EU-Spitzenjob in Stockholm freuen. Die Epidemiologin übernimmt die EU-Gesundheitsagentur, die sich der Prävention und der Kontrolle von Infektionskrankheiten kümmert. Sie ist nicht die einzige, die nach ihrer politischen Laufbahn neue berufliche Wege einschlägt.

Rendi-Wagners Vorgänger Christian Kern blieb beruflich dem Schienenverkehr treu: Nach dem Ausscheiden aus der Politik saß der frühere ÖBB-Vorstandsvorsitzende im Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn, legte das Amt aber nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zurück. Bis heute hat Kern die operative Führung einer Vermietungsfirma für Lokomotiven inne.

Ex-Kanzler und SPÖ-Chef Werner Fayman ist unter die Unternehmensberater gegangen. Gemeinsam mit dem früheren Kommunikationschef seiner Partei, Matthias Euler-Rolle, berät er unter anderem europäische und amerikanische Unternehmen, die nach China expandieren wollen.

Traumjob Beratung?

Wirklich ruhig war es in den vergangenen Monaten nicht um den ehemaligen SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Gusenbauer dockte nach seiner Kanzlerschaft mit seinem Unternehmen „Gusenbauer Projektentwicklung & Beteiligung GmbH“ bei René Benko an und war Aufsichtsratsvorsitzender, Beirat und Berater in diversen Signa-Gesellschaften, wo seine Honorare in Millionenhöhe kürzlich für Aufsehen sorgten.

Ebenso im Beratungsgeschäft ist Ex-Grünenchefin Eva Glawischnig tätig, unter anderem coacht sie Frauen in Führungspositionen. Für Aufregung hatte 2018 ihr Wechsel zu Novomatic im Jahr 2018 gesorgt. Mittlerweile hat sie dem Glücksspielkonzern den Rücken gekehrt.

Große Wellen schlug auch eine Videobotschaft des ehemaligen Neos-Chefs Matthias Strolz aus Goa, wo er verkündete, sich zurück in die „Welt zu schütteln“ und an neuen Projekten arbeiten zu wollen. Zu diesen Projekten gehörte seine Band „Strolz und Razelli“ sowie seine Firma, mit der er Rhetorikworkshops gibt. Weiters schrieb Strolz, der sich auch als „Gärtner des Lebens“ sieht, zwei Bücher. Im Herbst des vergangenen Jahres deutete er an, dass er sich vorstellen könne, in die Politik zurückzukehren.

Auch Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz gründete nach seinem Ausscheiden aus der Politik eine Beratungsfirma, zu seinen ersten Kunden zählte der umstrittene Tech-Milliardär Peter Thiel. Außerdem betreibt Kurz eine Sicherheitsfirma in Israel sowie eine Investmentfirma, die Startups finanziert. Sein Wiener Büro teilt sich der frühere ÖVP-Chef mit den früheren Ministern Gernot Blümel und Elisabeth Köstinger. Vergleichsweise ruhig wurde es dagegen um Kurz‘ Vorgänger an der ÖVP-Spitze, Reinhold Mitterlehner: Seit 2018 ist er Präsident der österreichischen Forschungsgemeinschaft, die Wissenschaftler fördert und vernetzt

Der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz Christian Strache erlebte nach dem Ende seiner politischen Karriere dagegen einen tiefen Fall. Auf den Parteiausschluss folgten mehrere Gerichtsverfahren, Strache bat via Facebook um Spenden, um die Anwaltskosten stemmen zu können. Mittlerweile ist auch er als Unternehmensberater tätig und verkauft mit einem Partner Photovoltaikanlagen.

Neue berufliche Wege

Ebenfalls an der Spitze der Freiheitlichen stand Susanne Riess-Passer, die nach einem Zerwürfnis mit Parteikollege Jörg Haider sämtliche Parteifunktionen zurücklegte. Mittlerweile trägt die gebürtige Oberösterreicherin und ehemalige FPÖ-Vizekanzlerin den Namen Riess-Hahn. Aktuell ist sie die Generaldirektorin und Vorstandsvorsitzende der Bausparkasse Wüstenrot.

International tätig ist Ex-ÖVP-Chef Michael Spindelegger, seit 2016 ist er Generaldirektor der Organisation ICMPD, die die EU in Sachen „Migrationsmanagement“ unterstützt und etwa Empfehlungen an Regierungsbehörden in diesem Bereich ausarbeitet. Die Projekte der Organisation sorgen allerdings immer wieder für Kritik, etwa eine Gefängniseinheit in einem bosnischen Asyllager, das in Zusammenarbeit mit dem ICMPD entstanden war.

Mit den Worten „Es reicht“ beendete der ehemalige ÖVP-Chef und Finanzminister Wilhelm Molterer die Koalition mit der SPÖ und löste damit Neuwahlen aus. Die seine Partei später verlieren sollte. Danach wurde er Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank (EIB). Seine nächste Station war der Europäische Fonds für Strategische Investitionen (EFSI), wo er Investitionen im Wert von 550 Milliarden Euro bewegen konnte. Ganze 40 Prozent davon im Namen des Klimaschutzes. Kurz vor seiner Pension wurde er Chef des Verwaltungsrats des slowakischen Think-Tanks „GlobSec“. 2021 verabschiedete der Oberösterreicher in die Pension, für dies es ihn nach mehreren Jahren in Luxemburg zurück nach Österreich zog.