Eine Partei zu gründen ist denkbar einfach. Man beschließe eine Satzung, hinterlege sie beim Innenministerium und schon ist die Neugründung erledigt. Vorausgesetzt, es spricht verfassungsrechtlich nichts dagegen – nationalsozialistische Gruppierungen zu gründen, ist beispielsweise verboten. 1312 registrierte politische Parteien gibt es, Stand 1. Jänner, in Österreich.

Und doch sind in der laufenden Legislaturperiode nur fünf davon im Parlament vertreten. So mancher will diesen Kreis bei der Wahl 2024 erweitern. Die KPÖ – freilich keine Neugründung, aber bei Nationalratswahlen zuletzt stets unterhalb der Wahrnehmungsgrenze – kann sich Umfragen zufolge Chancen ausrechnen, die Vierprozenthürde zu überspringen. Die Impfgegner-Partei MFG, die bei der Landtagswahl in Oberösterreich reüssieren konnte, will auch bundesweit auf Stimmenfang gehen. Othmar Karas, bis dato ÖVP-Urgestein in Brüssel, soll mit einer eigenen Liste liebäugeln. Offen bleibt bislang, wie viele der Kandidaten, die bei der Bundespräsidentenwahl 2022 in Glück versucht hatten, auch auf den Nationalrat schielen, darunter etwa der Rechtsanwalt und Kolumnist Tassilo Wallentin.

Hunderte kamen zu Wlazny-Versammlung

Einer jener, die im Rennen um das höchste Amt im Staat Erfolge erzielen konnte, ist Musiker und Bierpartei-Gründer Dominik Wlazny. Kürzlich gab er bekannt, mit seiner Partei auch bei der Nationalratswahl antreten zu wollen, aktuell ist er auf der Suche nach Parteimitgliedern und einem konkreten Programm. Um dieses zu erarbeiten, versammelten sich am Freitagabend hunderte Interessierte im „Schutzhaus Zukunft“ im 15. Wiener Gemeindebezirk, um in zünftiger Atmosphäre und mit Bier der bisher oft als Spaßtruppe abgetanen Partei politisches Leben einzuhauchen.

„Mehr Möglichkeiten für die Jugend, mitzugestalten, einen besseren Zugang zu Kassenpsychologen, billigeres Essen in den Mensen der Unis und ein universelles Wahlrecht für EU-Bürger“, will ein junger Mann im Rahmen der Bierpartei aufs Tapet bringen, wie er gegenüber der Kleinen Zeitung angibt. Die meisten bleiben weniger konkret. Das Stichwort Bildung fällt immer wieder, auch Umverteilung und Armutsbekämpfung stehen bei den Anwesenden hoch im Kurs. „Und eine menschliche Politik“, fügt ein Mann hinzu.

Umfragen sehen Chancen für die Bierpartei

20.000 Parteimitglieder oder eine entsprechende Summe an Spenden hat Wlazny zur Voraussetzung für die Kandidatur seiner Partei erklärt. Ein Drittel dieses Ziels habe man binnen zwei Wochen erreicht, verkündet er am Freitag der jubelnden Menge. Gelingt die Rekrutierungsaktion, räumen Umfragen der Bierpartei durchaus Chancen auf einen Einzug in den Nationalrat ein. Das dürfte einigen anderen Parteien Kopfzerbrechen bereiten. Vor allem das Umfeld der SPÖ reagierte in den sozialen Netzwerken verschnupft auf den angekündigten Antritt, man befürchtet Nachteile für den eigenen Parteichef Andreas Babler.

Auf der Veranstaltung im Schutzhaus sind die meisten jedoch politisch nicht eindeutig zu verorten. Viele haben früher grün gewählt, einige die ÖVP. „Aber die sind mir einfach nicht progressiv genug“, erklärt ein junger Teilnehmer. Der Großteil der Anwesenden sind ohnehin bekennende Wechselwähler, die bisher nirgends so recht ihre politische Heimat gefunden habe. „Ich habe alles schon gewählt, SPÖ, FPÖ, Neos, wirklich quer durch die Bank“, erzählt eine Frau. Nur vereinzelt bekennen sich Menschen dazu, schon länger keine gültige Stimme mehr abgegeben zu haben. Was fast alle im Schutzhaus eint, ist der Wunsch nach „etwas Neuem“. Die Sehnsucht nach einem „frischen Wind“, äußern fast alle Teilnehmenden im Gespräch mit der Kleinen Zeitung.

„Etwas Neues“ ist oft nicht von Dauer

Ob „etwas Neues“ auf Dauer Bestand haben kann, wird sich weisen. Denn so einfach es ist, eine Partei zu gründen, so schwierig ist es, längerfristig in der Politiklandschaft Fuß zu fassen. Das BZÖ als FPÖ-Abspaltung ist ebenso in der Versenkung verschwunden wie jene Liste, mit der sich Peter Pilz von den Grünen losgesagt hat. Auch der Unternehmer Frank Stronach überlebte mit seiner Partei nur eine Nationalratswahl. Das Liberale Forum, ebenfalls eine Abspaltung der FPÖ rund um Heide Schmidt, ist längst in den Neos aufgegangen. Anderen Parteien, wie etwa den auf Netzpolitik fokussierten Piraten oder der Linkspartei Wandel können von einem Einzug ins Parlament nur träumen. Ob „etwas Neues“ auf Dauer Bestand haben kann, wird sich weisen. Denn so einfach es ist, eine Partei zu gründen, so schwierig ist es, längerfristig in der Politiklandschaft Fuß zu fassen. Das BZÖ als FPÖ-Abspaltung ist ebenso in der Versenkung verschwunden wie jene Liste, mit der sich Peter Pilz von den Grünen losgesagt hat. Auch der Unternehmer Frank Stronach überlebte mit seiner Partei nur eine Nationalratswahl. Das Liberale Forum, ebenfalls eine Abspaltung der FPÖ rund um Heide Schmidt, ist längst in den Neos aufgegangen. Andere Parteien, wie etwa die auf Netzpolitik fokussierten Piraten oder die Linkspartei Wandel können von einem Einzug ins Parlament nur träumen. Die Grünen wiederum flogen zwar 2017 kurzfristig aus dem Nationalrat, halten sich aber dennoch seit knapp 40 Jahren in der Politik. Immerhin zehn Jahre haben auch schon die Neos Bestand.

Abspaltungen von bestehenden Parteien hatten es jedenfalls schwer, sich längerfristig zu etablieren, ebenso stark auf eine Person zugeschnittene Gruppierungen, weiß Laurenz Ennser-Jedenastik vom Institut für Staatswissenschaft der Uni Wien. Eher erfolgreich ist, wer „Strukturen abseits der staatlichen Institutionen und zumindest eine minimale Verankerung in der Gesellschaft hat“, erklärt er und nennt die Grünen, die aus der Umweltbewegung hervorgegangen sind, als Beispiel.

SPÖ und ÖVP dominieren nach wie vor Lokalpolitik

„Es gibt außerdem bestimmte politische Arenen, wo ÖVP und SPÖ nach wie vor dominant sind“, sagt Ennser-Jedenastik. Kammern und Personalvertretungen sind nach wie vor fest in der Hand der beiden ehemaligen Großparteien, auch auf lokaler Ebene tun sich neue Gruppierungen angesichts der kleinteiligen Gemeindestruktur in Österreich schwer.

Das ist auch Wlazny bewusst. Man wolle deshalb Stammtische in ganz Österreich etablieren, um auch regionale Themen beackern zu können, verkündet er am Freitag. Ob das das Rezept für den längerfristigen Erfolg des „frischen Windes“ ist, werden zukünftige Wahlen zeigen.