Die Empörung Anfang Dezember 1992 war eine gewaltige. Die „Wochenpresse“ veröffentlichte in einer spektakulären Aufmachergeschichte ein Ranking der österreichischen Politikergehälter. Dass der damalige Bundespräsident Thomas Klestil mit 395.730 Schilling die Liste anführte, war nicht weiter verwunderlich. Der Skandal begann ab Platz zwei. Diesen nahm weder der Kanzler noch der Nationalratspräsident noch ein anderer Spitzenrepräsentant der Republik ein, sondern der Tiroler Landeshauptmann Alois Partl (243.526 Schilling), gefolgt vom Salzburger Landeshauptmann Hans Katschthaler (239.721) und dem Wiener Bürgermeister Helmut Zilk (232.111). Auf Platz acht ex-aequo ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek und SPÖ-Frauenministerin Johanna Dohnal (je 213.085 Schilling).

Gehälter klaffen um 3500 Euro auseinander

Was besonderes Kopfschütteln auslöste: Der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (191.181 Schilling) musste sich mit Platz 33 (!) begnügen, vor ihm lagen reihenweise Landesräte aus Oberösterreich, Tirol, auch der Bürgermeister von Linz. Die Gründe für diese absurden Verwerfungen: Der Ex-Banker Vranitzky kam mangels langer Vordienstzeiten in der Politik auf einen vergleichsweise bescheidenen Bezug. Die Länder zimmerten sich ihre Gehaltssystematik selber.

Nicht zuletzt war der Artikel Anlass genug, um unter dem Druck der Öffentlichkeit einen Schlussstrich unter dem bestehenden Wildwuchs zu setzen. Und so wurde eine durchaus nachvollziehbare, transparente Bezugspyramide für alle Politiker auf Bundes- und Landesebene aus dem Hut gezaubert, wobei die jährliche Gehaltserhöhung auf Basis fixer Vorgaben vom Rechnungshof festgelegt wird – und so den Klauen der Politik entzogen ist. Die Ausgangsbasis liefert das Gehalt eines Nationalratsabgeordneten (100 Prozent). Die Pyramide sieht vor, dass etwa Staatssekretäre 160 Prozent, Minister 200 Prozent, der Vizekanzler 220 Prozent, der Kanzler 250 Prozent und der Bundespräsident 280 Prozent des Bezugs eines Nationalratsabgeordneten erhalten. Auch Volksanwälte, Rechnungshofpräsidenten, Klubobleute, Bundesräte unterliegen diesem Ranking. Die Landeshauptleute sollten mit dem Doppelten des Abgeordnetengehalts (200 Prozent) entlohnt werden. Gleichzeitig wurde das bisherige System aus Politikerpensionen und Abfertigung abgeschafft. Zuvor besaßen Minister nach vier Jahren, Abgeordnete nach zehn Jahren einen Pensionsanspruch. Das ist seit rund 30 Jahren Geschichte.

Doch die Bezugspyramide weist nach 30 Jahren eine beachtliche Schieflage auf, die vereinbarten Gehaltsabstufungen existieren teils nur noch auf dem Papier. Der Kleinen Zeitung liegen Berechnungen des Kärntner Landesrechnungshof vor, wonach die Gehälter der neun Landeshauptleute um mehr als 3500 Euro auseinanderklaffen. Während Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), so der Stand laut Rechnungshof am 1. Jänner 2023, monatlich 19.745 Euro brutto verdienen, Oberösterreichs Thomas Stelzer (ÖVP) 19.251 Euro, Vorarlbergs Markus Wallner 19.034 Euro verdienen, kommt Kärnten Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) auf eine Summe von 16.200 Euro. Steiermarks Christopher Drexler (ÖVP) liegt mit 18.757 Euro auf Platz fünf, Salzburgs Wilfried Haslauer (ÖVP) bezieht 18.576 Euro, dahinter Anton Mattle (17.770) und Hans Peter Doskozil (17.654). Einsames Schlusslicht wie gesagt Kärntens Peter Kaiser (siehe Grafik). Und das alles, obwohl die Gehaltspyramide einheitliche Sätze für die Landeshauptleute vorsieht. Wie das?

Ungleichheit bei Gehaltsanpassungen

Wie angedeutet, legt der Bundesrechnungshof jedes Jahr den Anpassungsfaktor für eine Erhöhung fest, dieser orientiert sich an der Inflation oder der Pensionserhöhung – es gilt der niedrigere Wert. Im Regelfall wird der Vorschlag des Rechnungshofs von der Bundes- wie auch der Landespolitik übernommen. Doch der Politik bleibt es unbenommen, die Erhöhung zu reduzieren oder gar auszusetzen. Dass Peter Kaiser am wenigsten verdient, liege, so der Politikwissenschafter Hubert Sickinger, an dessen Vorvorgänger Jörg Haider (FPÖ), der als Kärntner Landeshauptmann permanent Nulllohnrunden für die Landespolitik fixiert hatte. Auf Bundesebene hatte sich die Politik unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise erstmals im Jahr 2008 eine Nulllohnrunde verordnet, der Kanzler hieß damals Werner Faymann (SPÖ). Auch die anderen Bundesländer gingen eigene Wege, wenn auch nicht in der Radikalität wie Kärnten. Der Grafik ist zu entnehmen, dass nur Wien und Niederösterreich bisher jede Erhöhung mitgemacht haben. Je öfter ein Bundesland auf eine Erhöhung verzichtet hat, desto niedriger der monatliche Bezug des Landeshauptmanns.

Bekanntlich hat am Dienstag der Nationalrat eine Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker beschlossen, konkret für Bundespräsident, Kanzler, Minister. National- und Bundesräte müssen mit einem Plus von 4,85 Prozent vorliebnehmen. In Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich, der Steiermark steigen die Gehälter ebenso um 4,85 Prozent. Das Burgenland verordnet seinen Politikern eine Nulllohnrunde. Einen eigenen Weg geht Kärnten, wo die Gehälter um 9,7 Prozent, wie vom Rechnungshof vorgeschlagen, steigen - allerdings erst mit Juli 2024.