Georg Dornauer ist nicht nur Tiroler Landeshauptmann-Stellvertreter. Er ist auch prominenter roter Fürsprecher einer großen Koalition auf Bundesebene. Eine solche Zusammenarbeit von ÖVP und SPÖ würde dem Land guttun, betonte er etwa im Oktober. Dass sich nun die beiden traditionellen Großparteien kurz vor der Nationalratswahl im kommenden Herbst ein Duell der U-Ausschüsse liefern wollen, missfällt dem Landesvize. „Anstatt sich nur in sinnlosen U-Ausschüssen an der ÖVP abzuarbeiten, sollte die SPÖ Perspektiven für die Menschen aufzeigen“, wird Dornauer in der „Tiroler Tageszeitung“ zitiert. Von den U-Ausschüssen würde dagegen nur die FPÖ von Herbert Kickl profitieren.
In anderen Teilen der SPÖ reagiert man zurückhaltend auf die Kritik. Man habe sich der Transparenz willen für einen U-Ausschuss entschieden, nicht aufgrund von „taktischen Überlegungen“, heißt es aus dem roten Parlamentsklub. Im Büro des steirischen SPÖ-Chefs Anton Lang betont man lediglich die gute Zusammenarbeit mit der ÖVP auf Länderebene.
Hick-Hack auf Bundesebene
Doch mit seiner Ansicht dürfte Dornauer innerhalb der eigenen Partei nicht alleine dastehen. Nach wie vor hat eine Zusammenarbeit mit der Volkspartei ihre Anhänger innerhalb der roten Reihen. Neben Tirol setzen auch Kärnten und die Steiermark auf eine rot-schwarze beziehungsweise schwarz-rote Koalition. „Wir haben keine nüchterne Zweckehe, wir haben eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“, betonte etwa der steirische ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler heuer bei einer Rede. Und auch in Wien gibt es Tauwetter zwischen der Bürgermeister- und der Kanzlerpartei: Vergangene Woche stimmte die SPÖ im Wiener Gemeinderat für einen ÖVP-Antrag zum Ausbau der Gesundheitshotline 1450 zur App zu – alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Niederösterreich und Salzburg wurden dagegen nach den jeweiligen Landtagswahlen schwarz-blau eingefärbt – obwohl eine Große Koalition rechnerisch möglich gewesen wäre. Und auch auf Bundesebene stehen die Zeichen eher auf Konfrontation: „Der Weg von Süd- nach Nordkorea wird über den Bablerschen Weg beschritten“, verkündete etwa ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker nach dem Amtsantritt Andreas Bablers als SPÖ-Vorsitzender. Dieser wiederum ortet eine „radikalisierte“ ÖVP, eine Zusammenarbeit sei nur möglich, wenn sich in der Volkspartei „wieder vernünftige Kräfte durchsetzen“.
Zwei U-Ausschüsse kurz vor der Nationalratswahl
Der U-Ausschuss-Marathon vor der Wahl wird dagegen kaum für mehr Harmonie sorgen. Zur Erinnerung: SPÖ und FPÖ wollen Förderungen durch die Covid-19-Finanzierungsagentur (Cofag) an Milliardäre und ÖVP-Spender durchleuchten. Die ÖVP kündigte einen seperaten U-Ausschuss an, der mögliche Steuergeldverschwendung und undurchsichtige Postenbesetzungen in früheren roten und blauben Ministerien aufdecken soll. Ein Vierteil aller Abgeordneten braucht es für die Einsetzung eines U-Ausschusses – die ÖVP hat damit als einzige Partei alleine die nötige Mandatsstärke.
In der Befürchtung Dornauers, die Befragungen könnte vor allem der FPÖ in die Hände spielen, sieht Politikberater Thomas Hofer einen „Kern Wahrheit“. Natürlich dürfe sich die SPÖ mit der Regierungsarbeit von Türkis-Grün in einem U-Ausschuss beschäftigen. „Aber die Rahmenerzählung Kickls – alle bedienen sich, alle bereichern sich auf Kosten der Menschen – wird gestärkt“. Allerdings könnte der U-Ausschuss auch einer „Abgrenzung der SPÖ von den Grünen“ dienen, wie Hofer sagt. Denn auch, wenn der Blick auf ÖVP Spender gerichtet wird, sei die Cofag doch während der türkis-grünen Regierungszusammenarbeit entstanden.
Dreierkoalition nicht ausgeschlossen
Ob eine Zweierkoalition von Sozialdemokratie und Volkspartei überhaupt rechnerisch möglich ist, wird erst nach der Wahl feststehen. Umfragen zufolge wird es knapp, abhängen könnte es auch davon, wie vielen kleineren Parteien tatsächlich den Sprung über die Vierprozenthürde und damit der Einzug in den Nationalrat gelingt. Denkbar ist für Hofer auch eine Variante mit einem dritten Partner. Teile der SPÖ würden deshalb zur Vorsicht mahnen, meint der Politikberater. „Es könnte sein, dass man wohl oder übel gemeinsam in einer Regierung sitzt – da will man eine funktionierende Basis nicht dauerhaft ruinieren.“