Nora Tödtling-Musenbichler wird die erste Frau an der Spitze der Caritas. Als „soziales Gewissen“ Österreichs sei es deren Kernaufgabe, „Not zu sehen und zu handeln“. Dies werde sie als Präsidentin weiterführen, sie wolle „unbequem“ sein, sagte sie am Freitag. An die Politik richtete die Nachfolgerin Michael Landaus bei ihrer Einstandspressekonferenz einen Appell für strukturelle und nachhaltige Armutsbekämpfung.

In einer Zeit der „wachsenden Unsicherheit und Resignation“ rechnete die 40-jährige bisherige Caritas-Direktorin der Steiermark mit keinen leichten Jahren. Zentraler Punkt bleibe die Bekämpfung von Armut in Österreich. „Auch wenn niemand in Österreich verhungern oder erfrieren muss, es gibt viel zu viele Menschen, die hungern und frieren“, und diese Zahl steige weiter, trotz der gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung. Die Teuerungswelle sei für viele Menschen gut abgefedert worden, sagte Tödtling-Musenbichler, das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, „dass unser Sozialsystem Lücken hat“. Konkret forderte sie eine Reform der Sozialhilfe und des Arbeitslosengeldes.

Dass die Caritas mit ihr an der Spitze einen „weiblicheren Weg“ gehe, betonten sowohl Tödtling-Musenbichler als auch Michael Landau. „Die Caritas ist von vielen starken Frauen geprägt, in den Betreuungseinrichtungen, aber auch in der Führungsetage“, sagte Tödtling-Musenbichler. Sie machte darauf aufmerksam, dass Sorgearbeit nach wie vor weiblich geprägt und für Frauen Nachteile wie eine geringere Pension bringe.

Ihr künftiger Vize, der Wiener Caritas-Direktor Alexander Bodmann, sprach über die internationale Solidarität. „In einer globalisierten Welt können wir unsere Verantwortung nicht abschieben“, sagte er. „Es ist unsere Aufgabe, professionell und schnell zu helfen, und zwar allen Menschen. Ob in Israel, im Gazastreifen, dem Westjordanland oder einer anderen Krisenregion.“

Landau lobte Bundesregierung

Der scheidende Präsident Michael Landau zog in seiner letzten Pressekonferenz in dieser Funktion ein Fazit über die Zeit seiner Präsidentschaft. Landau nannte etwa Verbesserungen in der Pflege, Hospiz- und Palliativversorgung und eine Gesellschaft, die allgemein für Menschen mit Behinderung inklusiver geworden sei. Der Auftrag der Caritas bleibe unverändert. „Für unseren Umgang mit der Politik heißt das: so viel Zusammenarbeit wie möglich und so viel Kritik wie nötig. Das Evangelium ist kein Parteiprogramm“, so Landau.

Für die aktuelle Bundesregierung gab es von Landau noch Abschiedslob: Sie habe vieles richtig gemacht, ohne die Milliardenhilfen wären viele Menschen noch viel stärker von Armut betroffen. Gleichzeitig dürfe die Regierung Armut aber nicht leugnen. Für viele sei die Gleichzeitigkeit mehrerer Krisen besorgniserregend. „Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind enorm. Es gibt in diesem Land aber auch einen guten Grundwasserspiegel an Nächstenliebe.“