Sämtliche Personen, die in der Zweiten Republik wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen strafrechtlich verfolgt bzw. verurteilt wurden, werden rehabilitiert und finanziell entschädigt. Eine entsprechende gesetzliche Regelung kündigte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) am Montag in einer Pressekonferenz an. Demnach wird es je aufgehobenes Urteil eine Zahlung von 3000 Euro geben, für jedes angefangene Jahr in Haft 1500 Euro.

Für jedes eingeleitete Ermittlungsverfahren zum Anfang der 2000er-Jahre abgeschafften Strafrechtsparagrafen gibt es zudem 500 Euro für die Betroffenen, und das unabhängig vom Verlauf, wie Zadić betonte. Sollten den Opfern der alten rechtlichen Regelung wirtschaftliche, berufliche oder gesundheitliche Nachteile entstanden sein, bekommen diese noch einmal 1500 Euro anerkannt. Insgesamt stehen für die Entschädigungszahlungen 33 Mio. Euro zur Verfügung.

Letzte Bestimmungen erst 2002 aufgehoben

Betroffen sein sollen an die 11.000 Personen, gab Zadić eine Schätzung an. Aktiv wird das Justizministerium jedoch nicht an die Betroffenen herantreten. Stattdessen müssen sich Opfer der alten Regelung an die Landesgerichte oder an das Ministerium selbst wenden. Auch diverse Informationen auf der Website des Ressorts soll es geben. „Wir hoffen, dass sich ganz viele Menschen melden“, betonte die Ministerin, die von einem der dunkelsten, aber auch traurigsten Kapitel der Zweiten Republik sprach.

Homosexualität wurde 1971 grundsätzlich entkriminalisiert. Trotzdem gab es auch danach noch Sonderparagrafen, die ansonst legales Verhalten bei gleichgeschlechtlichen Handlungen unter Strafe gestellt haben. Erst 2002 wurde die letzte dieser Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehoben.

SPÖ lobt Gesetzesentwurf

Der Historiker und Co-Leiter des Zentrums für queere Geschichte, QWIEN, Andreas Brunner, begrüßte die Schritte des Justizministeriums. Ein einst von der Strafverfolgung Betroffener berichtete zudem über seinen Fall, als er wegen einer Beziehung zu einem damals zwei Jahre jüngeren Mann wegen des Alters behördlich verfolgt worden war, was bei heterosexuellen Beziehungen nicht der Fall war.

Positive Reaktionen kamen auch von der SPÖ. Der von Zadić präsentierte Gesetzesentwurf setze endlich eine jahrzehntelange Forderung der LGBTIQ-Community um, schrieb Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner in einer Aussendung. Endlich übernehme die Republik Verantwortung für das Unrecht, das sie Tausenden Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung angetan habe.