Am Ende waren sie erschöpft und erleichtert, und dennoch hatte man den Eindruck, die Tschechen hätten durchaus noch weitermachen wollen: Bei der allerletzten Pressekonferenz (mit Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans) spielten sie Adeles Titelmelodie des James-Bond-Streifens "Skyfall" ein, der mit den Worten "This is the end" beginnt. "Wir kommen wieder, in 13 Jahren", sagte Pressesprecher Dmitrij Cernikow für den rotierenden Ratsvorsitz, der jedes halbe Jahr ein anderes EU-Land in die leitende Position als "ehrlicher Vermittler" an die Spitze der Mitgliedsländer hievt.

Zuvor hatte Cernikow noch beeindruckende Bilanz gezogen: "Wir haben über 40 Ratstreffen geleitet, mehr als 30 Akten und Triloge abgeschlossen." Darunter befanden sich wesentliche Erfolge, wie etwa das Herzstück des "Fit for 55"-Klimapakets, die endgültige und stark ausgefallene Umsetzung der Rechtsstaatskonditionalität gegen Ungarn oder zuletzt der nach langem Ringen zumindest als Kompromiss erzielte "Gaspreisdeckel", der per se schon eine Herkulesaufgabe ist.

Die Einigkeit der EU blieb gewahrt, das zeigte sich auch bei Sanktionspaketen und generell in der klaren Position gegenüber Russland. Verbot von Schengen-Visa für Russen, Ausbildung ukrainischer Soldaten, Hilfsprogramme – alles ging auf. Selbst beim Herbstgipfel in Prag konnte das Gastgeberland ein historisches Ereignis verbuchen, das erste Treffen der "Europäischen Politischen Gemeinschaft", das nach einer Idee Emanuel Macrons die EU mit Nachbarländern besser vernetzen und zu einer Dauereinrichtung werden soll.

Österreich war zuletzt 2018 an der Reihe. Tschechien konnte sich damit trotz – oder wegen – der Multikrise aus dem alten Muster der Visegrad-Staaten herausarbeiten und legte damit auch innerhalb der Gruppe an Gewicht zu: Die zunehmende Isolation Ungarns in der EU und das vorsichtigere Agieren Polens gehören zu den Folgen. Tschechien machte Tempo und ließ sich nicht von äußeren Einflüssen beirren.

So erzählt man sich in Brüssel, dass das Schengen-Veto Österreichs gegen Bulgarien und Rumänien eigentlich nach einem anderen Drehbuch hätte erfolgen sollen: die Österreicher hätten ihre ablehnende Haltung vorab geäußert in der Hoffnung, dass der Erweiterungspunkt vom Ratstreffen im November gestrichen werden würde – dann hätte man schon bei nächster Gelegenheit nach Jahreswechsel wieder einlenken können und es wäre nicht viel passiert. So aber blieb Prag hart und ließ den Punkt stehen: Da konnte Österreich gar nicht mehr anders, als beim Nein zu bleiben und sich Kritik auszusetzen.

Die europäische Ratspräsidentschaft, deren Verlauf immer von Zufälligkeiten, langjährigen Entwicklungen und ungeplanten Weltereignissen geprägt ist, hat Tschechien innerhalb der EU weit nach vorne gebracht. Jetzt muss das Land, das seit einem Jahr eine neue Regierung hat, auch die Gunst der Stunde nutzen.