Ungarns rechtskonservative Regierung hat EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen ersucht, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen der Indexierung der Familienbeihilfe anzustreben.
Laut Pal Völner, Staatssekretär im ungarischen Justizministerium, widerspreche die von der österreichischen Bundesregierung beschlossene Anpassung der Familienbeihilfe an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten im EU-Ausland dem EU-Recht.
"Keine Reaktion" auf diplomatische Versuche
Diesen Verstoß habe Ungarn am 7. Jänner in einer diplomatischen Note an die österreichische Regierung angekreidet. Da "keine Reaktion" erfolgte, habe sich die ungarische Regierung an Thyssen gewandt, sagte Völner in ungarischen Medien. Bei Ausbleiben eines Vertragsverletzungsverfahrens sei Ungarn bereit, eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof EuGH) einzubringen.
Völner bezeichnete die Interessen der ungarischen Arbeitnehmer als "vorrangig", so dass die ungarische Regierung alles unternehme, damit die Rechte der im Ausland arbeitenden Ungarn nicht verletzt werden. Der Staatssekretär erinnerte daran, dass Österreich ab nun nur 56 Prozent der bisherigen Familienbeihilfe an die ungarischen Arbeitnehmer zahle, wenn ihre Kinder nicht in Österreich, sondern in Ungarn leben.
Erhebliche Einbußen für Osteuropäer
Die Höhe der Familienbeihilfe für nicht in Österreich lebende Kinder ist ab dem 1. Jänner nach einem Index an die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land angepasst worden. Das bedeutet vor allem für osteuropäische EU-Ausländer, die in Österreich arbeiten, ihre Kinder aber nicht hier aufziehen, erhebliche finanzielle Einbußen. Die Bundesregierung argumentiert, dass die Familienbeihilfe kein Lohnbestandteil sei und außerdem auch für österreichische Staatsbürger gelte, deren Kinder nicht hier leben.
Ungarn hat bereits im November gemeinsam mit sechs anderen EU-Ländern einen Brief an Kommissarin Thyssen verfasst, in der sie um Unterstützung in dieser Sache bitten. Rumänien drohte zudem mit einer Klage vor dem EuGH. Auch die EU-Kommission hat die neue Regelung als "Diskriminierung" bezeichnet und eine Prüfung angekündigt. Die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Kommission könnte unter Umständen bereits am 24. Jänner erfolgen.