Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, sieht es als Versäumnis an, dass der Ausschluss der ungarischen Regierungspartei Fidesz aus der Europäischen Volkspartei (EVP) im vergangenen Jahr nicht konsequenter verfolgt wurde. Zudem gehöre zu den Fehlern des abgelaufenen Jahres, "das Art. 7-Verfahren im Rat noch immer nicht durchgesetzt zu haben", so der Politiker gegenüber dem Linzer "Volksblatt" (Freitagsausgabe).
Karas reagierte damit auf die Forderung des ehemaligen Weggefährten und heutigen Kritikers von Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban, Pastor Gabor Roszik, nach einer "klareren Haltung" seitens der ÖVP gegenüber dessen "antidemokratischer, antichristlichdemokratischer und antikonservativer Politik". Gegenüber dem "Volksblatt" (Donnerstagsausgabe) sagte Roszik: "Wenn die ÖVP ganz klar gegen Orban aufträte, würden das viele Ungarn begrüßen."
Wegen schwerwiegender Grundrechtsverstöße hatte das EU-Parlament im September auch mit den Stimmen der ÖVP ein Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn beschlossen. Das sogenannte Artikel-7-Verfahren kann in letzter Konsequenz eine Aussetzung der Stimmrechte des Landes zur Folge haben. Dazu müsste ein entsprechender Beschluss im EU-Rat einstimmig erfolgen, was jedoch auszuschließen ist. Polen, gegen das ebenfalls ein solches Verfahren eingeleitet wurde, hat Ungarn bereits zugesichert, gegen einen derartigen Beschluss stimmen zu wollen.