"Auch wenn es ein historisches Ereignis ist, ist heute kein guter Tag," sagte Ratsvorsitzender Sebastian Kurz am Ende des Brexit-Gipfels. Eine der größten Volkswirtschaften, militärisch und politisch von hohem Gewicht, verlasse die EU. Kurz: "Niemand ist in Feierstimmung." Ein weiteres Mal betonte er, es werde keine Nachverhandlungen geben. Das Angebot an die Briten läuft unter "Take it or leave it"- also entweder annehmen oder es sein lassen. Für einen "Hard Brexit" sei die EU und auch Österreich vorbereitet, so der Kanzler. Über ein Szenario nach der Ablehnung des Deals im britischen Unterhaus wollte Kurz nicht ausführlich werden; es habe keinen Sinn, das Was-wäre-wenn-Spiel zu spielen, solange das Ergebnis nicht da sei. Allerdings ist nach wie vor völlig offen, wie das britische Parlament entscheidet, derzeit rechnet man nicht mit einer Ratifizierung des Deals.

Es sei jedenfalls keine Selbstverständlichkeit, dass die EU-27 solche Einigkeit demonstrieren würden wie beim Brexit, so Kurz. Auch die Gibraltar-Frage, zu der Spanien in den letzten Tagen so viel Druck gemacht habe, sei gelöst worden: "Da hat es jetzt kein Störfeuer gegeben."

Kurz schloss mit einem Blick in die Zukunft: "Man sollte eines nicht vergessen: Die Briten verlassen zwar die Europäische Union, aber nicht Europa."

Ratspräsident Donald Tusk hatte davor über Twitter mitgeteilt, dass der Brexit-Vertrag und auch die politische Deklaration offiziell von der EU akzeptiert wurde. Danach trafen die 27 Staats- und Regierungschefs mit der britischen Premierministerin Theresa May zusammen. Der nächste Schritt im Scheidungsverfahren ist jetzt das britische Unterhaus.

Der Gipfel rief die EU-Kommission, das EU-Parlament und den EU-Ministerrat auf, "die nötigen Schritte zu setzen, um sicherzustellen, dass die Vereinbarung am 30. März 2019 in Kraft treten kann, um so für einen geordneten Austritt zu sorgen". Mit dem Austrittsvertrag verlässt Großbritannien die Europäische Union und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom)

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte trug bei dem Treffen eine schwarze Krawatte, wie ein Zeichen nach außen. Rutte sagt: "Niemand ist Gewinner. Wir alle sind Verlierer." Aber angesichts der Tatsache des Austritts sei dies auch für die Briten die Möglichkeit, alle potenziellen Auswirkungen des Brexit zu begrenzen.

Der Auftakt zum Abschieds-Gipfel

Kurze Chronologie des frühen Vormittags: Im Ratsgebäude in Brüssel treffen nach und nach die Staats- und Regierungschefs für den Brexit-Sondergipfel ein. Ratsvorsitzender Sebastian Kurz sagte bei seinem Eingangsstatement, er gehe davon aus, dass es eine einstimmige Erklärung geben werde, der Text des Verhandlungspapiers sei nun so gestaltet, dass auch Spanien mitmachen sollte. Kurz stellte aber auch klar: "Beim Brexit wird es keine Nachverhandlungen geben."

Mark Rutte trug Schwarz
Mark Rutte trug Schwarz © AP

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geht von einer Zustimmung des britischen Parlaments zum Brexit-Deal aus. Vor Beginn des EU-Sondergipfels zum Brexit am Sonntag in Brüssel sagte er, der Austritt der Briten "stimmt mich traurig und bringt mich nicht in Hochstimmung". Aber der nun beschlossene Vertrag zwischen der britischen Premierministerin Theresa May und der EU "ist der bestmögliche". Jedenfalls handle es sich um einen "traurigen Tag", es gebe "keinen Jubel und keine Feier" anlässlich des Austritts.

Mays Brief an die Bevölkerung

Die britische Premierministerin Theresa May erklärte vor dem Treffen, sie wolle "mit Herz und Seele" daran arbeiten, dass die Abgeordneten dem Ausstiegsdeal zustimmen.

Sie unterstrich in einem Schreiben an die Bevölkerung, dass der Vertrag auch das Ende des freien Personenverkehrs und das Aus für die "riesigen Zahlungen" Großbritanniens an die EU bedeuten würden.

Unterdessen berichtete der "Sunday Telegraph", dass im Hintergrund ehemalige britische Minister an einem Plan B zum Brexit-Deal arbeiteten. So sollte eine Vereinbarung ähnlich wie zwischen der EU und Norwegen getroffen werden.

Die britische Tory-Abgeordnete Sarah Wollaston wiederum rief zu einem zweiten Referendum auf. Das von May ausverhandelte Abkommen mit der EU bedeute "keine hellere Zukunft, sondern Düsternis und Schrumpfung", warnte sie. Auch ihr Fraktionskollege Dominic Grieve sieht ein zweites EU-Referendum in Reichweite.