Engpässe bei Waffen und Munition auf russischer Seite sollen im Ukraine-Krieg laut britischen Militärexperten mittlerweile bizarre Konsequenzen nach sich ziehen. Im täglichen Kurzbericht schrieb das britische Verteidigungsministerium am Sonntag, Moskau setze im Nahkampf wohl gewöhnliche Feldspaten ein. Russische Reservisten sollen angegeben haben, nur mit "Schusswaffen und Schaufeln" zum Angriff auf einen einbetonierten ukrainischen Stützpunkt geschickt worden zu sein.

Um den bei den russischen Streitkräften gängigen Feldspaten des Typs MPL-50 – eigentlich ein Schanzwerkzeug – ranke sich in Russland ein Mythos, der diesen zur tödlichen Waffe erhebe, heißt es von den Briten. Dabei sei er seit seiner Einführung im Jahr 1869 kaum weiterentwickelt worden. Der Einsatz im Kampf sei ein Zeichen für brutale und technisch wenig anspruchsvolle Nahkämpfe, die in der Ukraine jüngsten Anzeichen zufolge immer häufiger würden. Hintergrund sei wahrscheinlich, dass Russland trotz eines Mangels an Munition weiterhin Angriffe durchführen wolle.

Tägliche Updates aus London

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

Heftige Kämpfe um Bachmut gehen weiter

In der Ostukraine setzen russische Truppen ihre Angriffe auf die Stadt Bachmut fort. Angaben aus Kiew zufolge sind diese Kämpfe im Donezker Gebiet für Russland sehr verlustreich. Kiew beziffert die Zahl der täglich Gefallenen und Verletzten auf russischer Seite auf bis zu 500. Unterdessen traf Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu Kommandeure seiner Armee im Kriegsgebiet in der Ukraine. Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj baut indes auf einen schnellen EU-Beitritt.

Schoigu im Kriegsgebiet

Russlands Verteidigungsminister Schoigu wurde nach russischen Angaben im Kriegsgebiet in der Ukraine über die Lage und weitere Pläne an der Front informiert. Auf einem tonlosen Video waren neben dem 67-Jährigen auch der Generalstabschef und Kommandeur der russischen Truppen in der Ukraine, Waleri Gerassimow, sowie dessen Stellvertreter Sergej Surowikin zu sehen. Seit Samstag war bekannt, dass Schoigu mehr als ein Jahr nach Kriegsbeginn ins Frontgebiet gereist sein soll. Demnach zeichnete er im ostukrainischen Donbass auch russische Soldaten mit Orden aus. Wie nah Schoigu sich dabei tatsächlich an der Front aufhielt, konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Insbesondere um Bachmut toben noch immer heftige Kämpfe. Internationalen Beobachtern zufolge erleidet vor allem die russische Seite hohe Verluste, weil sie ihre eigenen Soldaten teils regelrecht als "Kanonenfutter" verheizt. Russlands Verteidigungsministerium berichtete am Sonntag von "Offensivhandlungen" durch Luftwaffe und Artillerie im Donezker Gebiet, wo Bachmut liegt. Das in den USA ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW) hält es unterdessen seinem jüngsten Bericht zufolge für unwahrscheinlich, dass es den Russen in nächster Zeit gelingen dürfte, Bachmut komplett einzukesseln.

Hunderte Gefallene

Kiew beziffert die Zahl der täglich Gefallenen und Verletzten auf russischer Seite auf bis zu 500. Das sagte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow der "Bild am Sonntag". In der Gegend um Bachmut ist vor allem die Söldnertruppe Wagner aktiv. Deren Chef, der kremlnahe Oligarch Jewgeni Prigoschin, rekrutierte in der Vergangenheit seine Männer auch in russischen Gefängnissen. Gerade unter ihnen sollen Berichten zufolge die Verluste extrem hoch sein.