Internationale Tageszeitungen kommentieren den Krieg in der Ukraine, den möglichen Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens und die Rolle von Russlands Präsidenten Wladimir Putin wie folgt:

"De Standaard" (Brüssel):

"Diese Länder lassen sich nicht abschrecken durch die Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das können wir durchaus echt stark finden, aber die Frage ist doch, ob es auch wirklich eine vernünftige Entscheidung ist. Natürlich haben Finnland und Schweden das Recht, Nato-Mitglied zu werden. Aber ist dies der richtige Moment? Und muss es so schnell gehen? Den russischen Präsidenten mit Samthandschuhen anzufassen und zu versuchen, ihn nicht vor den Kopf zu stoßen, konnte den Überfall auf die Ukraine nicht verhindern. Diese Feststellung wurde dann zur Begründung für die starken Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen an die Ukraine. Doch ist der Antrag auf Nato-Mitgliedschaft nicht eine Provokation zu viel?

Im günstigsten Fall werden sich Russland und die Ukraine eines Tages an einen Tisch setzen und nach einer diplomatischen Lösung suchen. Putin müsste dann ohne großen Gesichtsverlust zum Rückzug blasen können. Er hat schon so oft mit Gegenmaßnahmen für den Fall gedroht, dass Finnland oder Schweden Nato-Mitglied werden, dass er in seiner Philosophie gar nicht anders kann, als etwas zu unternehmen, wenn dies wirklich geschieht. Das macht einen Rückzug ohne Gesichtsverlust nur noch schwieriger."

"De Telegraaf" (Amsterdam):

"Der russische Potentat Putin scheint sich bei seinem Überfall auf das Nachbarland Ukraine in mehrfacher Hinsicht klar verrechnet zu haben. Aus dem beabsichtigten Blitzkrieg ist ein Erschöpfungskrieg geworden, und mit der enormen Anzahl gefallener Soldaten zahlen die Russen einen hohen Preis. Britischen Militäranalysten zufolge haben die Russen seit dem Überfall ein Drittel ihrer Schlagkraft verloren. Es gelang Putin nicht, die Hauptstadt Kiew zu erobern und auch bei der Schlacht um Charkiw scheint die Ukraine die Oberhand zu gewinnen.

Auch geopolitisch hat der russische Präsident mit der Aggression gegen sein Nachbarland einen schweren Einschätzungsfehler begangen. Das führte nicht allein dazu, dass Russland weitgehend in der Welt isoliert wurde. Obendrein wollen sich ursprünglich strikt neutrale Staaten wie Finnland und Schweden angesichts der Aggressivität ihres Nachbarn unter den Nato-Schutzschirm begeben, indem sie sich dem westlichen Militärbündnis anschließen."

"Público" (Lissabon):

"Für Europa wie für die Welt gibt es keinen großen Grund zur Freude. Nicht einmal für Finnland oder für Schweden. Sie verändern ihre geopolitische Position ja nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil sie dazu gezwungen wurden. Niemand, der bei klarem Verstand ist, kann mit einem unberechenbaren und aggressiven Nachbarn wie Putins Russland koexistieren, das fähig ist, aus keinem anderen Grund als imperialer Paranoia anzugreifen.

In Europa gibt es jetzt einen neuen 'Eisernen Vorhang' und Russlands Einflusszone ist kleiner denn je zuvor. Das Europa der Demokratien ist nicht in die Appeasement-Falle getappt, und die Entschlossenheit seiner Reaktion bremst die Ambitionen des Kremls. Wenn Putin der Aufforderung des finnischen Präsidenten folgt und 'in den Spiegel schaut', wird er feststellen, dass sein Tagtraum gescheitert ist. Vielleicht öffnet sich dann ein Fenster zum Frieden."