Die Krise im Nahen Osten spitzt sich weiter zu. Denn Israel greift seit gestern im Libanon nicht nur aus der Luft an, sondern setzt jetzt auch Bodentruppen ein. Und Regierungschef Ehud Olmert verkündete, dass es für die israelische Militäraktion "kein Zeitlimit gibt".

Raketen-Lieferung. Vor allem aber warnte er den syrischen Präsidenten Bashar Assad davor, die Hisbollah weiter mit Raketen zu beliefern. Dass Syrien dies tut, steht außer Zweifel. Die meisten Raketen der Hisbollah, die in Israel einschlagen, sind syrische Produkte. Dass diese Waffen ohne Wissen Assads in großer Menge – die Israelis sprechen von zehntausenden Raketen – in den Libanon geschafft wurden, ist mehr als unwahrscheinlich. Die israelische Luftwaffe versucht derzeit, möglichst viele Abschussrampen für die Hisbollah-Raketen zu vernichten. Denn ohne Rampen stellen die Raketen keine Gefahr mehr dar.

Verzweiflungstat. Das könnte die Hisbollah zu einer Verzweiflungstat treiben: von den letzten funktionstüchtigen Rampen aus die israelische Metropole Tel Aviv zu beschießen. Über Raketen mit einer entsprechenden Reichweite verfügt die Miliz jedenfalls.

Eigendynamik. Dann aber könnte der – noch begrenzte – Konflikt jene fatale Eigendynamik entwickeln, die schon oft zu großen Kriegen geführt hat: Wenn dann Israel versucht, die Hisbollah-Befehlszentrale in der syrischen Hauptstadt Damaskus auszuschalten und Syrien damit in eine offene Konfrontation mit dem Judenstaat schlittert, ist es nicht mehr weit zu einem nahöstlichen Flächenbrand.

Konflikte. Denn zu allem Überfluss ist der Kampf der Israelis gegen die palästinensische Hamas in Gaza und gegen die pro-iranische Hisbollah im Libanon nicht der einzige Konfliktherd in der Region. Vieles deutet darauf hin, dass die türkische Armee demnächst in den Nordirak vordringen wird, um dort die kurdischen PKK-Rebellen zu bekämpfen.

Iran. Der Iran, der seine eigene kurdische Minderheit stets brutal verfolgt, hat den Generälen in Ankara bereits versichert, man habe "Verständnis für eine türkische Militäraktion im Irak". Und um den verhassten Israelis politisch zu schaden, behaupten die Mullahs in Teheran sogar völlig unsinnig, Israel unterstütze die kurdischen PKK-Rebellen in deren Kampf gegen die Türkei.

Terror. Türkische Truppen im ohnedies von apokalyptischem Terror gequälten Irak, israelische Soldaten im Libanon und ein militärischer Schlagabtausch zwischen Israel und Syrien: Das wäre wohl der Auftakt zu einem großen Nahost-Krieg – und damit zu einem Drama, das den Lauf der Welt verändern könnte.