Duhal Kahlot ist erst 17 Jahre alt. Dennoch ist diese palästinensische Schülerin schon zum dritten Mal in ihrem Leben Flüchtling. Zum ersten Mal floh ihre Familie 2008 aus dem fünfstöckigen Haus, in dem ihre ganze Sippe wohnt: ihre Eltern, drei Brüder, zwei Schwestern und zwei Onkel mit ihren Familien. Vier Jahre später, im Jahr 2012, flohen die Kahlots wieder, als Israel und die Hamas sich einen weiteren Schlagabtausch lieferten. Und an diesem Sonntag packten sie wieder ihre Sachen.

Seit sechs Tagen donnern Explosionen israelischer Bomben in ihrer Nachbarschaft, nun könnte es noch schlimmer werden. Israels Armee warf Flugblätter über Duhals Heimatstadt ab und empfahl allen Bewohnern, ihre Häuser zu verlassen: "Rund 40 Prozent der Raketen, die auf israelische Städte abgefeuert werden, werden in Beit Lahia abgeschossen", erklärte ein hochrangiger Offizier der Kleinen Zeitung. Deswegen wolle man hier besonders hart durchgreifen, um die "Infrastruktur des Terrors" in diesem Wohnviertel zu zerstören und den Beschuss israelischer Städte zu unterbinden.

Doch Duhal hat "keine Raketenabschüsse in ihrer Umgebung gesehen. "Ich weiß nicht, ob bei uns Raketen gelagert sind", sagt sie. Da Israels Armee keine Unschuldigen treffen will, fordert sie die Zivilisten zur Flucht auf. Ganz im Gegensatz zur Hamas, die ihre Leute dazu aufruft, zu Hause zu bleiben, um der Armee "ihren Angriff nicht zu erleichtern". Duhal findet das zwar richtig: "Wir sollten alle bleiben." Aber niemand höre auf die Hamas: "Ihre Aktivisten waren doch die Ersten, die ihre Sachen packten. Wir hatten alle einfach zu viel Angst", erklärt sie.

Schon 17.000 Flüchtlinge

Duhal und ihre Familie fuhren nach Gaza Stadt, wo das UN-Flüchtlingshilfswerk UNRWA eine Schule in ein Auffanglager umfunktioniert hat. Duhal und die älteren Verwandten kamen zu Fuß nach - anderthalb Stunden Wanderung durch ein Kriegsgebiet. Noch ist auf dem Fußboden in der ersten Etage Platz. Die Kahlots haben die hölzernen Schulbänke in einer Ecke auf die Tische gestapelt, und an der Innenwand einen Teppich und ein paar Matratzen ausgebreitet. Zum Glück waren sie in der Schule unter den ersten der rund 200 Familien, die inzwischen hier Schutz suchen. So konnten sie sich den Liegeplatz aussuchen. Solange draußen israelische Bomben donnern und jederzeit Schrapnelle hereinfliegen oder die Scheiben zerplatzen könnten, will niemand einen Fensterplatz. Die Kahlots hatten zwölf Stunden Zeit, ihre Sachen zu packen: "Wir haben nur unsere Kleider, Geld und die wichtigsten Dokumente dabei", sagt Duhal. In der Schule erwartete sie die erste Enttäuschung: "Wir waren uns sicher, dass man uns hier mit Matratzen, Nahrung, Decken versorgen würde. Aber wir sind ganz auf uns allein gestellt", sagt Duhal. Die UN-Leute sind überfordert: Sie musste seit Sonntag mehr als 17.000 Menschen aufnehmen.

Duhal ist überzeugt, dass Israel diesen Krieg wollte: "Diese ganze Geschichte von drei Siedlern, die ermordet worden sein sollen: Das haben die Israelis doch nur als Vorwand erfunden, um Araber umzubringen", meint sie. Palästinenser würden sich nie an Minderjährigen vergreifen.

Und zum Beschuss israelischer Ballungszentren sagt sie: "Endlich erleben die Israelis, was wir jeden Tag durchmachen!" Die Hamas habe den Krieg allein deswegen gewonnen, weil "Israelis sich in keiner Stadt mehr sicher fühlen können. Unsere Raketen erreichen sie überall."

Drohne

Unterdessen hat die Hamas zur Überraschung von Experten auch erstmals eine Drohne eingesetzt, sie wurde von einer israelischen Rakete vor der Küste der Stadt Aschdod abgeschossen.