TEL AVIV. Sieben Tage lang überstand die Zivilbevölkerung Gazas und Israels einen Krieg nur, indem sie in Bunkern hockte. Kein Wunder also, dass Menschen auf beiden Seiten auf die Straße gingen, als der Waffenstillstand in Kraft trat und den ersten Tag sogar hielt. Auf der Straße könnte ihr Verhalten jedoch nicht unterschiedlicher sein: Während in Gaza Jubel ausbrach, demonstrierten viele Israelis gegen den Beschluss ihrer Regierung. Sie fühlten sich betrogen, fürchteten, ihre Opfer umsonst erbracht zu haben. Dabei kann die Regierung auf Errungenschaften verweisen: In 1500 Luftangriffen habe man Tausende Raketen der Hamas zerstört, 30 hochrangige Kommandeure getötet und das Versprechen beschert, dass an der Grenze wieder Ruhe herrschen wird. Hinzu kommt ein diplomatischer Erfolg: Ägypten, das unter den Muslimbrüdern jeden Kontakt mit Israel ablehnte, tritt nun als Garant für die Waffenruhe auf. Dennoch wurde das wichtigste Ziel, Feinde abzuschrecken, nicht erreicht. Die Islamisten schienen nicht beeindruckt. Die Palästinenser werteten den Waffengang einhellig als Sieg der Hamas. So groß ist ihre Beliebtheit, dass der pragmatische Präsident Mahmud Abbas sich gezwungen sah, seinen Erzrivalen Hamasführer Khaled Maschal anzurufen und zu gratulieren.

Denn die Hamas kann viele Erfolge verbuchen: Sie überstand Israels Angriffe als intakte Organisation. Bis zur letzten Minute schoss sie ununterbrochen Raketensalven ab: 1506 Geschosse, die 110 Häuser und 400 Fahrzeuge beschädigten und Israels Wirtschaft einen Verdienstausfall von 40 Millionen Euro bescherten. Politisch punktete die Organisation, die noch vor zwei Wochen diplomatisch isoliert wurde. In einer Woche empfing die Hamas die Außenminister der Arabischen Liga und der Türkei, wurde mit Vermittlung Ägyptens zum Akteur, der indirekt auch mit den USA verhandelt.