Sie begrüßten sich wie alte Freunde: Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu nahmen sich am Sonntag zu Beginn ihres Treffens in Jerusalem halb in den Arm.

Beide lächelten immer wieder breit - die Körpersprache war deutlich entspannter als bei Treffen zwischen Netanyahu und US-Präsident Barack Obama, deren Verhältnis als unterkühlt gilt. Romney hat immer wieder betont, er wolle nach einem Wahlsieg ein "besserer Freund" Israels sein.

Das Vorgänger-Gespann George Bush und Ariel Sharon galt noch als ein Herz und eine Seele. Auch Romney geht nun im Heiligen Land auf Schmusekurs: Mit seinem stark israelfreundlichen Gebaren will er bei der Präsidentenwahl im November pro-israelische Wähler fangen - nicht nur jüdische, sondern auch christliche Evangelisten.

Keine einfache Aufgabe, denn traditionell geben die jüdischen Wähler in den USA ihre Stimme lieber den Demokraten: Im Jahre 2008 stimmten 74 Prozent der jüdischen Wähler für Obama. Mit etwa sechs Millionen machen die Juden in den USA allerdings weniger als zwei Prozent der Bevölkerung aus.

Der israelische US-Experte Shmuel Rosner sagte am Sonntag, der Einfluss der jüdischen Wähler werde im Allgemeinen überschätzt. Bei Romneys Besuch gehe es vor allem darum, Können in der Außenpolitik zu beweisen. Das Thema Nahost gelte immerhin als besonders ernst und schwierig. "Das wird ihm helfen, wie ein echter Präsident zu wirken."

Nicht umsonst unterzeichnete Obama einen Tag vor der Ankunft seines Rivalen in Israel eine Vereinbarung über eine engere Sicherheitszusammenarbeit mit Israel. Er kündigte außerdem weitere 70 Millionen Dollar (56,8 Mio. Euro) Hilfe für die israelische Raketenabwehr an. Experten deuteten dies als Versuch, Romney den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Vor allem in der Iran-Frage tritt Romney deutlich aggressiver als Obama auf, dem er immer wieder vorwarf, er kämpfe nicht entschlossen genug für israelische und US-Interessen. Obamas Regierung schließt die militärische Option ebenfalls nicht aus, setzt aber zunächst auf Verhandlungen und Sanktionen gegen den Iran.

In einem Interview der israelischen Zeitung "Haaretz" drohte Romney kurz vor seinem Besuch in Israel mit einem Militärschlag gegen den Iran. "Wenn wir erkennen, dass alle Mittel erschöpft und fehlgeschlagen sind, dann werden wir eine militärische Option in Betracht ziehen müssen."

Solche Worte sind Musik in den Ohren der rechtsorientierten israelischen Regierung, die sich von Washington offenere Unterstützung wünscht. "Mitt, da kann ich nur voll und ganz zustimmen!", sagte Netanyahu zu Romneys Äußerungen, die "größte Gefahr für die Welt" sei ein atomar aufgerüstetes Ayatollah-Regime.

Romney hat Obama vorgeworfen, er spreche zuweilen so, "als ob unser engster Verbündeter im Nahen Osten (Israel) das eigentliche Problem wäre". Der republikanische Kandidat beschreibt den international vor allem wegen der israelischen Siedlungspolitik kritisierten Netanyahu dagegen häufig fast liebevoll mit dessen Spitznamen "Bibi". Die beiden kennen sich auch privat schon seit Jahrzehnten: In den 1970er Jahren arbeiteten sie zusammen in der US-Firma Boston Consulting Group.

Die Palästinenser sehen diesen politischen Balztanz allerdings mit unverhohlenem Unbehagen. In Ramallah war man enttäuscht, dass kein Gespräch mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas in dessen Amtssitz, sondern stattdessen ein Treffen mit dem Ministerpräsidenten Salam Fayyad in Jerusalem vereinbart wurde.

"Romney will sich nicht mit Abbas oder in Ramallah zeigen, um die jüdischen Wähler (in den USA) nicht zu verärgern", meinte der palästinensische Kommentator Hani Masri. "Als Obama als Kandidat hier war, ist er nach Ramallah gekommen und hat Abbas getroffen." Sollte Romney die Wahl gewinnen, wäre dies "sehr schlecht für die Palästinenser", meint Masri.