Israels Armee stößt im Süden des Gazastreifens weiter vor und hat einem Medienbericht zufolge Ziele im Raum Chan Junis unter Beschuss genommen. Die „Times of Israel“ zitierte in der Nacht zum Dienstag palästinensische Berichte, wonach es intensive Angriffe der israelischen Streitkräfte in der größten Stadt des südlichen Teils des abgeriegelten Küstengebiets gebe. Zuvor seien israelischer Panzer in den Süden Gazas vorgestoßen und seien nahe Chan Junis gesichtet worden.

Augenzeugen hätten auch gepanzerte Mannschaftstransporter und Planierraupen gesehen, hieß es weiter. ́Nach der Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes gegen die islamistische Hamas auf den Süden des abgeriegelten Küstengebiets wächst angesichts des Leids der Zivilbevölkerung die Kritik am Vorgehen der Armee. Hilfsorganisationen sprechen im Süden von „Horror“ und „unerträglichem Leid der Zivilbevölkerung“. Keiner fühle sich sicher, wenn alle zehn Minuten Bomben fallen würden, sagte der Sprecher des UN-Kinderhilfswerks Unicef, James Elder, der BBC.

„Die Zahl der getöteten Zivilisten nimmt rapide zu“, schrieb auch der Generalkommissar des Palästinenserhilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, am Montag (Ortszeit) in einer Mitteilung. Zivilisten, darunter Frauen, Kinder, Ältere, Kranke und Menschen mit Behinderungen, seien die Hauptleidtragenden des Krieges.

Bombardement dauert an

Mit der Wiederaufnahme der Militäroperation und ihrer Ausweitung im Süden Gazas „wiederholen sich die Schrecken der vergangenen Wochen“, beklagte Lazzarini. Das Bombardement der israelischen Streitkräfte dauere an, nachdem ein weiterer Evakuierungsbefehl zur Verlegung von Menschen aus der Stadt bzw. dem Flüchtlingslager Khan Younis nach Rafah erlassen worden sei. „Dieser Befehl löste Panik, Angst und Unruhe aus“, hieß es. Mindestens 60.000 weitere Menschen seien gezwungen worden, in bereits überfüllte UNRWA-Unterkünfte umzuziehen, weitere würden um Schutz bitten, schrieb Lazzarini weiter. Viele der Menschen seien bereits mehrmals vor dem Krieg in andere Teilen des abgeriegelten Gebiets geflohen.

Der Evakuierungsbefehl dränge die Menschen auf weniger als ein Drittel des Gazastreifens zusammen. „Sie brauchen alles: Nahrung, Wasser, Unterkunft und vor allem Sicherheit. Die Straßen in den Süden sind verstopft“, hieß es. Behauptungen, die Vereinten Nationen verfügten über Tausende von Zelten und plane die Eröffnung neuer Flüchtlingslager in Rafah, seien falsch, erklärte der UNO-Vertreter. Kein Ort im Gazastreifen sei sicher, weder im Süden noch im Südwesten, weder in Rafah noch in irgendeiner ausgewiesenen „sicheren Zone“.

Evakuierung unmöglich

Die israelische Armee hat eine Evakuierungskarte aktiviert, die den Gazastreifen in Hunderte kleiner Zonen unterteilt, um die Zivilisten über Kampfzonen zu informieren. Kritiker beklagen jedoch, dass die Menschen vielfach weder Strom noch Internet hätten, um sich die Karte anzusehen. Viele wüssten auch nicht, wie sie mit ihr umgehen sollten. Im Süden Gazas drängen sich Hunderttausende Palästinenser, die auf Israels Anweisung aus dem Norden des Gebiets dorthin geflohen waren.

Bei den israelischen Gegenangriffen sind nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums inzwischen fast 15.900 Menschen getötet worden. Die Opferzahlen lassen sich gegenwärtig nicht unabhängig überprüfen, die Vereinten Nationen und andere Beobachter weisen aber darauf hin, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als insgesamt glaubwürdig herausgestellt hätten.

Bericht: Israel bereitet Flutung der Hamas-Tunnel vor

Israel erwägt indes einem Medienbericht zufolge die Flutung der von der radikal-islamischen Hamas genutzten Tunnel im Gazastreifen. Israel habe ein großes Pumpsystem installiert, um die von der militanten Gruppe genutzten Tunnelsysteme unter dem Gazastreifen zu fluten und die Kämpfer zu vertreiben, berichtete die Zeitung „Wall Street Journal“ unter Berufung auf US-Vertreter.

Mitte November habe die israelische Armee die Installation von mindestens fünf Pumpen etwa eine Meile nördlich des Flüchtlingslagers Al-Schati abgeschlossen. Mit Tausenden Kubikmetern Wasser pro Stunde könne das unterirdische Netzwerk innerhalb weniger Wochen geflutet werden. Unklar blieb in dem Bericht, ob Israel den Einsatz der Pumpen erwägt, bevor alle Geiseln freigelassen sind. Reuters konnte die Details des Berichts zunächst nicht überprüfen.