Das Repräsentantenhaus in Washington DC hat in der Nacht zum Donnerstag einen Kompromiss über den Bundeshaushalt mit 314 zu 117 Stimmen beschlossen. Der Antrag war vom republikanischen Mehrheitsführer Kevin McCarthy mit dem demokratischen Präsidenten Joe Biden ausgehandelt worden. Es ging darum, die Begrenzung der Schuldendecke aufzuheben, um die Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung zu verhindern. Das wäre laut Janet Yellen, Chefin der Federal Reserve Bank, am 5. Juni eingetreten. Derzeit liegt die Obergrenze der Staatsverschuldung bei 31,4 Billionen Dollar, das sind 31.400 Milliarden. Der Kompromiss soll über die nächsten zehn Jahre 1,5 Billionen Dollar einsparen.

Umstrittene Abstimmung

McCarthys Antrag war schwer umstritten, vor allem beim rechten Flügel der Republikaner, die im "Freedom Caucus" vereint sind, aber auch bei linken Demokraten, die den darin vorgesehenen Kürzungen bei Sozialleistungen nicht zustimmen wollten. Tatsächlich stimmten 71 republikanische Abgeordnete gegen McCarthys Entwurf, aber auch 46 Demokraten. Für die Mehrheit reichte es trotzdem.

Nun muss noch der Senat zustimmen, und zwar ebenfalls vor dem 5. Juni. Der demokratische Führer im Senat, Charles Schumer, hat bereits seine Kollegen aufgefordert, auch am Wochenende bereitzustehen. Im Senat haben die Demokraten die Mehrheit, aber auch hier gibt es linke Kritiker an den vorgeschlagenen Kürzungen. Früher war es Usus, dass sich beide Parteien mit einer breiten Mehrheit über den Haushalt einigten, anstatt ein wochenlanges öffentliches Gezerre zu produzieren. Aber bereits seit der Obama-Ära waren die USA mehrmals kurz davor, finanziell auf Grund zu laufen. Der Haushaltskompromiss war allerdings die erste überparteiliche Aktion seit langem in einem politisch zerstrittenen Amerika.

Beide Parteien verkauften das Ergebnis hinterher als Sieg ihrer Seite. McCarthy sprach davon, dass er begonnen habe, die "unverantwortliche Ausgabensucht" von Washington zu beenden; ein Schritt in die richtige Richtung, Amerika werde nun gesunden. Für McCarthy selbst, der erst nach mehrmaligen Anläufen als Sprecher gewählt wurde, war das auf alle Fälle ein Punktsieg. Hakeem Jeffries, Sprecher der Demokraten im Repräsentantenhaus, sagte, die Demokraten hätten die amerikanische Wirtschaft und damit die gesamte Weltwirtschaft von einem Crash gerettet. Der Dollarkurs stieg mit dem Beschluss des Repräsentantenhauses wieder etwas an.

Wochenlange Unstimmigkeiten

In den wochenlangen Streitereien, die dem Beschluss vorangingen, sind harte Worte gefallen. Chip Roy, Republikaner aus Texas und führende Figur im "Freedom Caucus", hatte dem Kalifornier McCarthy vorgeworfen, kein echter Konservativer zu sein. Er nannte ihn "Verräter" und drohte sogar, den Mehrheitsführer abzuwählen. Die linke Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez erklärte, der Kompromiss gehe zulasten der Armen und Arbeiter. "Wir müssen uns fragen, wie wir in diese Situation geraten konnten", meinte Garret Graves, konservativer Abgeordneter aus Louisiana. Tatsächlich sind die US-Staatsschulden in den letzten 20 Jahren kontinuierlich gestiegen, zuletzt beschleunigt durch die Covid-19-Krise, als die US-Regierung sowohl unter Präsident Donald Trump als auch unter Biden großzügig Subventionen verteilte.

Damit soll nun, so will es der "Freedom Caucus", Schluss sein. Zum Kompromiss gehört, dass der Etat für Essensmarken für Amerikaner mit geringem Einkommen gekürzt werden. Außerdem werden die daran geknüpften Verpflichtungen zur Arbeit verschärft. Nun werden auch über 50-Jährige bis zum Alter von 54 Jahren zur Arbeit herangezogen, es sei denn, sie haben Kinder, die noch bei ihnen leben. Ausgenommen davon sind aber Armeeveteranen, Obdachlose und Kinder in Pflegefamilien.

Auch für viele Studenten verschlechtert sich aktuell die Lage: Auf Initiative der Biden-Regierung war die Rückzahlung von Studentendarlehen eingefroren worden, die in den USA oft immens hoch sind. Damit ist es nun zu Ende. Auch 30 Milliarden Dollar an nicht ausgegebene Coronahilfen fließen jetzt in den allgemeinen Haushalt zurück.

Das sogenannte "Discretionary Spending", Ausgaben, die keine Dauerposten im Etat sind, sondern jährlich neu ausgehandelt werden, wird auf ein Prozent Zuwachs gedeckelt. Das ist deutlich weniger als die Inflationsrate. Dazu gehören beispielsweise Aufwendungen für Polizei und Justiz, für Waldhüter, wissenschaftliche Institutionen, Umweltschutz und Infrastrukturprojekte. Gleichzeitig wurde vereinbart, Projekte zur Energiegewinnung schneller zu genehmigen. Genehmigt wird nun auch der Bau einer Gaspipeline von West Virginia nach Virginia. Das hatten die Republikaner gefordert; die Demokraten sind aus Umweltschutzgründen dagegen.

Kürzungen in mehreren Bereichen

Auch die Finanzbehörde IRS ließ ein paar Federn. US-Präsident Joe Biden hatte dem IRS zusätzliche 80 Milliarden Dollar bereitstellen wollen, um Steuerbetrüger zu finden und Firmen, aber auch wohlhabenden Steuerpflichtigen mehr auf die Finger zu sehen. Dazu sollten mehrere Tausend Angestellte engagiert und die Software modernisiert werden. Der Betrag wurde um 20 Milliarden gekürzt. Ein Kompromiss; ursprünglich wollten die Republikaner die gesamten 80 Millionen streichen.

Keine Kürzungen gibt es allerdings im Militärbudget; das wird sogar leicht angehoben, und zwar auf 886 Milliarden Dollar für 2024 und 895 Milliarden Dollar in 2025. Das war die Summe, welche die Biden-Regierung gefordert hatte. Gekürzt wird jetzt der maximale Anstieg, und zwar auf 3,3 Prozent. Zuvor hatten sich einzelne, lautstarke Republikaner für ein Ende der Unterstützung der Ukraine ausgesprochen. Offenbar sind diese aber weit von einer Mehrheit entfernt, denn der Kompromiss sieht ausdrücklich vor, weiteres Geld für die Militärhilfe bereitzustellen.