Die Abgeordneten des Linksbündnisses in der französischen Nationalversammlung haben ein Misstrauensvotum gegen die Regierung von Premierministerin Élisabeth Borne eingereicht. Das teilten die politischen Gruppen am Mittwoch kurz vor der geplanten Regierungserklärung Bornes mit. Borne hatte zuvor gesagt, dass sie nach der Erklärung nicht wie üblich die Vertrauensfrage stellen werde.
Ihre Regierung aus dem Lager des liberalen Präsidenten Emmanuel Macron hatte bei den Parlamentswahlen im vergangenen Monat die absolute Mehrheit verloren. Aussicht auf Erfolg hat das Linksbündnis mit dem Misstrauensvotum aber nicht.
Borne ruft zur Zusammenarbeit auf
Das Linksbündnis aus Linken, Sozialisten, Grünen und Kommunisten teilte mit, ihr Antrag sei eine direkte Reaktion darauf, dass Borne die Vertrauensfrage nicht stellen wolle. Es habe keine andere Wahl gegeben, als auf das Misstrauensvotum zurückzugreifen. Es gehe um den notwendigen Respekt für das Parlament.
Die konservativen Republikaner kündigten an, nicht für das Votum zu stimmen. Eine Abstimmung kann frühestens am Freitag stattfinden. Dem Sender France Info zufolge gab es in Frankreich seit 1958 insgesamt 58 Misstrauensabstimmungen dieser Art. Nur eine davon sei erfolgreich gewesen.
Borne rief die Oppositionsparteien zur Zusammenarbeit auf. "Wir müssen dem Wort 'Kompromiss', das in unserem politischen Leben zu oft vergessen wird, wieder einen Sinn geben", forderte sie am Mittwoch bei ihrer Regierungserklärung. "Ein Kompromiss bedeutet nicht, sich zu kompromittieren."
Borne sagte, die Franzosen hätten die Parteien mit ihrem Votum dazu aufgerufen, mehr und besser miteinander zu reden. Sie wolle Projektmehrheiten bauen. Borne versicherte, dass auch die Regierung bereit sei, Vorschläge aus den Reihen der Opposition anzuhören, zu diskutieren, und falls sie die Ziele und Werte teilten, ihre Vorhaben anzupassen. Eine überparteiliche Kommission soll ab dem Herbst die nun notwendige Zusammenarbeit der verschiedenen politischen Kräfte erleichtern.