Nach dem Abstimmungsdebakel vor zwei Wochen hat sich das Europaparlament am Mittwoch doch auf eine Position zu umstrittenen Punkten des Klimapakets verständigt. Die Einigung sieht vor, dass die kostenlose Vergabe von Zertifikaten für CO₂-Emissionen zwischen 2027 und 2032 komplett auslaufen soll. Auch soll der Emissionshandel auf Gebäude und Verkehr ausgeweitet werden. Beim Emissionshandel (ETS) müssen bestimmte Industrien für den Ausstoß klimaschädlicher Gase wie CO₂ zahlen.
Vor zwei Wochen war eine Einigung überraschend missglückt. Nachdem das Vorhaben damals wegen verschiedener Änderungsanträge vielen Abgeordneten nicht mehr genug Klimaschutz enthalten hatte, wurde es abgelehnt. Vergangene Woche verständigten sich wiederum christdemokratische, liberale und sozialdemokratische EU-Abgeordnete dann auf den neuen Kompromiss zu wichtigen Klimaschutzgesetzen, der auch von Grünen getragen wird.
Abstimmung mit EU-Ländern
Die Vorhaben müssen aber noch mit den EU-Ländern abgestimmt werden. Diese wollen sich kommende Woche auf ihre Position einigen, bevor die beiden Institutionen untereinander Verhandlungen aufnehmen. Erst wenn dabei ein Kompromiss erzielt wurde, kann das Vorhaben in Kraft treten. Die Vorschläge zum Klimaschutz waren von der EU-Kommission bereits vergangenen Sommer vorgelegt worden.
Das Parlament sprach sich zudem dafür aus, einen Klimasozialfonds und eine Art CO₂-Zoll an den EU-Außengrenzen einzurichten. Durch den Klimasozialfonds sollen Bürgerinnen und Bürger entlastet werden, da durch mehr Klimaschutz auch höhere Kosten für Verbraucher erwartet werden. Mit dem CO₂-Zoll soll verhindert werden, dass günstigere Produkte, die aber klimaschädlicher im Ausland hergestellt wurden, zum Problem für EU-Unternehmen werden.
Wie stimmen die österreichischen Abgeordneten ab?
Zustimmung zu dem Beschluss kam von den Europaabgeordneten der ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos. ÖVP-Delegationsleiterin Angelika Winzig sprach von einem "sinnvollen Kompromiss, der dem Grundprinzip der Dekarbonisierung der Wirtschaft entspricht, ohne zu einer Deindustrialisierung Europas zu führen". SPÖ-Abgeordneter Günther Sidl hob hervor, dass es gelungen sei, "die Auswirkungen des Emissionshandels für Gebäude und Verkehr zu begrenzen und die Mittel für den sozialen Klimafonds aufzustocken. Wir schützen das Klima und sagen der Energiearmut den Kampf an, eine Win-win-Situation". Grüne-Abgeordneter Thomas Waitz betonte, dass die Reduktionsziele eigentlich "deutlich ambitionierter sein" müssten, das Europaparlament aber immerhin über den Vorschlag der EU-Kommission hinausgehe. Neos-Mandatarin Claudia Gamon sprach auf Twitter von einem "ambitionierten Standpunkt" des EU-Parlaments zur ETS-Reform. "Jetzt müssen die Mitgliedsstaaten liefern und beweisen, dass sie die Klimaziele ebenso ernst nehmen."
Die FPÖ hatte sich schon im Vorfeld kritisch geäußert. EU-Abgeordneter Georg Mayer kritisierte insbesondere die Tatsache der neuerlichen Abstimmung, mit der den Bürgern das Demokratiedefizit der EU "deutlich vor Augen" geführt werde. "Der aberwitzige Versuch der Rettung des Weltklimas geht in die nächste Runde. Die breite Ablehnung der angedachten Ausweitung von ETS Anfang Juni wird ignoriert, ein weiterer fauler Kompromiss wird zur Abstimmung gebracht", so Mayer in einer Aussendung.
Kritik äußerte auch die Umweltorganisation WWF. Deren Klimasprecher Thomas Zehetner teilte mit, dass das Europaparlament seiner Verantwortung nicht gerecht geworden sei. Die Ergebnisse würden nämlich nicht reichen, um das 1,5-Grad-Klimaziel des Pariser Abkommens zu erreichen. "Mehr noch als um einen faulen Kompromiss, handelt es sich bei der heutigen Einigung um einen fossilen Kompromiss."