Der deutsche Kanzler Olaf Scholz traf im Ringen um einen Abbau der Spannungen in der Ukraine-Krise heute mit Russlands Präsident Wladimir Putin erstmals zu einem langen Vieraugengespräch zusammen. Scholz hatte bereits bei seinem Besuch am Montag in Kiew erklärt, dass er bei Putin für eine Deeskalation in der Ukraine-Krise werben wolle. Der Aufmarsch von Zehntausenden russischen Soldaten entlang der ukrainischen Grenze sei "nicht nachvollziehbar", meinte er.

Zugleich warnte er Russland erneut vor einem Überfall auf die Ukraine und betonte, dass die EU und die USA für diesen Fall Reaktionen vorbereitet hätten. Dabei ginge es um die bisher schärfsten wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland in der Krise überhaupt. US-Präsident Joe Biden hatte erklärt, dass eine russische Invasion in der Ukraine auch das Aus für die Ostseepipeline Nord Stream 2 bedeuten würde. Scholz selbst sprach vor seiner Abreise von einer "sehr, sehr ernsten Bedrohung des Friedens in Europa". Russland hingegen betont immer wieder, keinen Angriff auf die Ukraine zu planen.

Putin und Scholz wollen die Spannungen um die Ukraine zunächst durch Dialoge abbauen. Dazu bekannten sich beide nach ihrem Gespräch. Scholz bekräftigte, dass eine weitere Aggression gegen die Ukraine schwerwiegende Folgen für Russland hätte. "Deeskalation ist dringend nötig", sagte der deutsche Kanzler, lobte aber den Teilabzug der russischen Streitkräfte vor der Grenze zur Ukraine als "gutes Zeichen".

Beide verwiesen auf die Differenzen bei zentralen Sicherheitsfragen, bekannten sich aber zu den guten deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen. Scholz kritisierte jedoch das russische Vorgehen gegen die Nichtregierungsorganisation Memorial und bemängelte, dass die Verurteilung des Regierungskritikers Alexej Nawalny nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen genüge.

Putin sicherte der Ukraine zu, dass sie auch nach einer Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2 Transitland für russisches Gas bleiben solle. Zudem forderte er eine Entscheidung der Nato, die Ukraine nicht in das Verteidigungsbündnis aufzunehmen.

Test von einer Ärztin der deutschen Botschaft

Scholz hatte es vor seinem Treffen mit Putin abgelehnt, sich einem russischen PCR-Test zu unterziehen. Stattdessen entschied sich der SPD-Politiker dafür, den für den Zutritt zum Kreml erforderlichen PCR-Test nach seiner Landung in Moskau von einer Ärztin der deutschen Botschaft vornehmen zu lassen.

Die russischen Gesundheitsbehörden seien eingeladen worden, bei dem Test dabei zu sein, hieß es aus dem Umfeld des Kanzlers. Ein Testgerät sei aus Deutschland mitgeführt worden.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete dazu, es gehe bei der Ablehnung eines russischen Tests für Olaf Scholz weniger darum, dass die russische Seite die DNA des Kanzlers erhalten würde als darum, seine Unabhängigkeit zu bewahren, heißt es dazu.

Scholz selbst, seine gesamte Delegation und die mitreisenden Journalisten – zusammen mehr als 50 Personen – mussten schon vor der Abreise aus Deutschland insgesamt drei negative PCR-Tests vorlegen, berichtete die "Tagesschau".

Als Macron bei Putin war
Als Macron bei Putin war © AP

Auch der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bei seinem Besuch in Moskau vor wenigen Tagen einen russischen PCR-Test abgelehnt.

Die Folge waren drastische Abstandsregeln bei dem Gespräch im Kreml: Putin und Macron nahmen an den Enden eines sechs Meter langen, weißen Tisches Platz. Auch Scholz wurde jetzt an diesem Tisch auf Abstand gehalten, viele viele Meter weit von Putin entfernt.