In ganz Russland hat am Samstag der zweite Tag der Parlamentswahl begonnen. Im größten Land der Erde öffneten als letztes die Wahllokale in der Ostseeregion Kaliningrad. Gewählt werden noch bis Sonntag die 450 Abgeordneten der neuen Staatsduma für fünf Jahre sowie einige Regional- und Stadtparlamente.
Der Urnengang wird von Manipulationsvorwürfen überschattet. Unabhängige Beobachter der Organisation Golos hatten am ersten Tag der Abstimmung rund 2.000 Verstöße aufgelistet.
Gezeigt wurden zahlreiche Foto- und Videoaufnahmen der Vorkommnisse. Besonders verbreitet war demnach das Anrücken von Hundertschaften Uniformierter an einzelnen Wahllokalen, die ihre Stimme abgaben. Es gab auch Berichte über mehrfache Stimmabgaben. Gezeigt wurden zudem Dutzende Aufnahmen davon, wie vorausgefüllte Wahlzettel packenweise in die Wahlurnen gestopft wurden. "Es war ein furchtbarer Tag. Schmierig und schmutzig", twitterte die St. Petersburger Lokalpolitikerin Irina Fatjanowa. Die Wahlkommission habe die Beschwerden über Verstöße nicht angenommen und einfach zerrissen.
Dagegen hatte die Chefin der zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa, die Organisation der Abstimmung am Freitag gelobt. Die Wahlbeteiligung am ersten von drei Tagen wurde mit 16,85 Prozent angegeben. Die Kreml-Partei Geeintes Russland will ihre absolute Mehrheit in der Staatsduma verteidigen. Sie wird von Präsident Wladimir Putin unterstützt, für den die Wahl ein wichtiger Stimmungstest ist.
Viele prominente Oppositionelle sind nicht zur Wahl zugelassen, darunter die Unterstützer des inhaftierten Kreml-Gegners Alexej Nawalny. Er rief zu einer Protestwahl gegen die Kreml-Partei auf. Nawalnys Team beklagt, dass der Nachrichtenkanal Telegram am Samstag erstmals Wahlwerbung der Opposition blockierte.
Telegram-Gründer Pawel Durow erklärte, die Bots seien blockiert, weil Agitation im Zuge der Abstimmung nicht mehr erlaubt sei. Er berief sich darauf, dass zuvor auch das Unternehmen Apple und der Internetkonzern Google Nawalny-Apps aus ihren russischen Stores entfernt hatten. Die Aktivisten warfen den Konzernen und nun auch Durow politische Zensur vor.