António Guterres hat es geschafft. Er wird die UNO für fünf weitere Jahre als Generalsekretär führen. Die UNO-Vollversammlung berief den 72-Jährigen wie erwartet für eine zweite Amtszeit. Als einziger offizieller Kandidat für die Führungsposition bei der Weltorganisation brauchte sich der Portugiese nicht mit lästigen Konkurrenten herumzuschlagen.

Somit tritt Guterres in die Fußstapfen der meisten seiner Vorgänger als Generalsekretär – die große Mehrheit von ihnen erhielt eine zweite Amtszeit. Seit Beginn seiner ersten Amtszeit im Januar 2017 agiert der frühere Premierminister aus Lissabon vorsichtig, behutsam, der schillernde Auftritt ist seine Sache nicht.

Herausforderung Trump

In den ersten vier Jahren musste der Europäer die Konfrontationspolitik der USA gegen die UN unter Präsident Donald Trump ertragen. Guterres bestand die Probe. Der aktuelle US-Präsident Joe Biden macht Guterres das Leben wesentlich leichter.  

Guterres wirbt bei den 193 UN-Mitgliedsländern stetig für Multilateralismus und Solidarität, die großen globalen Krisen wie die Corona-Pandemie könnten nur gemeinsam angegangen werden. Der frühere Präsident der Sozialistischen Internationale bietet sich als „ehrlichen Makler“, als „Brückenbauer“ an. Dabei ist sich Guterres der Grenzen bewusst: Der UN-Generalsekretär verfügt über keine Weisungsbefugnis gegenüber Mitgliedsländern, als stärkste Waffe nutzt er das Wort.

„Guterres ist ein kompetenter Manager der Vereinten Nationen“, urteilt der UN-Experte Stephen Schlesinger. „Er ist jedoch keine inspirierende Figur in der großen Tradition früherer Generalsekretäre wie Dag Hammarskjöld oder Kofi Annan.“

Praktische Arbeit im Fokus

Tatsächlich konzentriert sich der gewiefte Politfuchs Guterres auf die praktische Arbeit, das Machbare. So bricht er verkrustete Strukturen der schwerfälligen, 1945 gegründeten Weltorganisation, auf und er erhöht konsequent den Frauenanteil in den Führungspositionen des UN-Sekretariats.

Auf der Bühne der Weltpolitik präsentiert sich Guterres als unermüdlicher Kämpfer gegen den Klimawandel, die „alles entscheidende Frage unserer Zeit“.

Ebenso zieht der frühere UN-Hochkommissar für Flüchtlinge gegen die Armut zu Felde, sorgt sich um Migranten und er verlangt einen schnellen und gerechten Zugang für alle Menschen zu Impfstoffen gegen Covid-19. Impfstoffe müssten als ein „globales öffentliches Gut gesehen werden“.

Zu Beginn der Corona-Pandemie verlangte er 2020 von den Konfliktparteien einen „globalen Waffenstillstand“. Anstatt sich zu bekriegen, solle sich die Menschheit auf den „gemeinsamen Feind“, das Covid-19-Virus, konzentrieren. Zwar verhallte der Guterres-Appell, die Waffen schweigen zu lassen, weitgehend. „Er verdient gleichwohl eine Menge Respekt für den Versuch“, analysiert Richard Gowan, Direktor der Beratungsinstitution International Crisis Group.

Bilanz

Insgesamt sieht die Bilanz des neunten UN-Generalsekretärs bei der Konfliktlösung mager aus. Obwohl er eine „Welle der Diplomatie für den Frieden“ anmahnt, überlässt Guterres das Vermitteln in vielen Waffengängen, von Syrien bis Jemen, seinen Sondergesandten. Nur ganz selten, wie etwa in der Zypernfrage, schaltet sich Guterres persönlich ein. „Im Großen und Ganzen hält er sich raus, weil er nicht viel gewinnen kann“, erläutert Fachmann Gowan. 

Guterres weiß auch: Ein Generalsekretär darf sich nicht in Einzelproblemen verheddern, er muss das große Bild im Auge behalten.

Und er sollte sich mit den mächtigsten UN-Mitgliedsländern gut stellen. Das sind die fünf Vetomächte im Sicherheitsrat, die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien. Diese Aufgabe meistert Guterres mit Geschick. Offene Kritik von Guterres brauchen die Vetomächte nicht zu fürchten. Das zahlt sich für den Portugiesen jetzt aus. Alle Vetomächte können mit ihm als Generalsekretär leben. Bei den Vereinten Nationen wird die Ära Guterres somit in die zweite Runde gehen.